„Würde statt Waffen“ – Aufstehen gegen den Krieg

"Kitaplätze statt Bombensätze" – ein spontan gestaltetes Plakat von Studenten aus Leipzig
"Kitaplätze statt Bombensätze" – ein spontan gestaltetes Plakat von Studenten aus Leipzig

Wenn sich am 11. November 2018 die Unterzeichnung des Waffenstillstandsabkommens zur Beendigung des 1. Weltkrieges zum 100. Male jährt, dann könne wir leider immer noch nicht auf den „ewigen Frieden“ hoffen.

Um es anders werden zu lassen, sind am 3. November 2018 deutschlandweit mehrere Tausend Menschen aufgestanden, um für „Würde statt Waffen“ zu demonstrieren. In Leipzig sind rund 400 dem Aufruf der Sammlungsbewegung „aufstehen“ gefolgt und gegen den Strom der shoppenden „Mitte der Gesellschaft“ für Frieden, Geld für Kitaplätze, Gerechtigkeit, sichere Renten … zu demonstrieren.

Ein wichtiger Redebeitrag kam von Mike Nagler, einer der engagierten Mitorganisatoren bei „aufstehen“ und für die humanistische Bewegung in Leipzig:

„Liebe Freunde.

Wir sind heute auf der Straße, weil wir ein Zeichen setzen wollen für Frieden und soziale Gerechtigkeit! Wir sagen Nein zu mehr Soldaten! Nein zu mehr Waffen! Nein zu den Auslandseinsätzen und Nein zu den unverantwortlichen Aufrüstungsplänen im Bundeshaushalt! Abrüstung muss das Gebot der Stunde sein!

Heute ist ein geschichtsträchtiger Tag. Heute, genau vor 100 Jahren, am 3.11.1918 begann in Kiel der Matrosen- und Arbeiteraufstand. Man kann sehr viel aus den damaligen Auseinandersetzungen lernen. Vor allem in Bezug auf die Unvereinbarkeit von Kapitalismus und Demokratie. In der Sache gibt es zur heutigen Zeit viele Parallelen.

Die Matrosen sind nicht aufgestanden, weil sie die sozialistische Revolution machen wollten, sie sind aufgestanden und haben den Befehl verweigert, weil sie wussten, dass sie in den sicheren Tod geschickt werden. Weil sie „die Schnauze voll“ hatten vom Krieg und weil sie Weihnachten zu Hause sein wollten.

Ihre Befehlsverweigerung, – ihre Courage – beendete den Krieg!

Ein Krieg, an dem einige wenige sehr viel verdienten, ein Krieg, der viele bitter arm machte und den Millionen Menschen mit dem Leben bezahlten. So wie mit den Kriegen die heute geführt werden!

[ .. ]

Die Schere zwischen Arm und Reich geht heute immer weiter auseinander. Das ist global betrachtet so aber auch in der Bundesrepublik ist das eine Tatsache.

Und auch hier in Leipzig kann das jeder sehen, der mit offenen Augen durch die Stadt läuft.

Es gibt mittlerweile fast eine Million Obdachlose in diesem Land. In einem Land das volkswirtschaftlich enorm reich ist.

In einem Land in dem das reichste 1 Prozent fast 40 Prozent des Gesamtvermögens besitzt.

Auch in Leipzig hat die Zahl der Wohnungslosen stark zugenommen.

Auch in Leipzig werden diesen Winter wieder Menschen auf der Straße sterben, weil sie keine Heizung und kein Dach über dem Kopf haben!

Die Ungleichheit der Einkommen ist in den vergangenen 20 Jahren erheblich gestiegen. Wachsender Niedriglohnsektor, weniger Vollzeitarbeitsplätze und eine höhere Armutsquote, insbesondere bei Erwerbslosen, Alleinerziehenden und Kindern – das ist die Realität in Deutschland. Rund 16 Millionen Menschen sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

Besonders die massenhaften Privatisierungen öffentlichen Eigentums in den 90ern haben hierfür die Grundlage gelegt. Hier haben sich einige wenige eine goldene Nase verdient.

Agenda 2010 und die Hartz-Gesetze aber auch eine Steuergesetzgebung, die hohe Einkommen besonders entlastet, haben die Gegensätze zwischen Arm und Reich dann nochmal deutlich vertieft.

Diese krasse Ungleichheit hat Auswirkungen auf nahezu alle Aspekte des gesellschaftlichen Lebens.

Das wollen wir ändern und deswegen ist es nötig dass viele aufstehen um endlich einen Schlussstrich unter diese Politik zu ziehen!

Denn Geld ist genug da in einem der reichsten Länder der Welt. Es ist nur falsch verteilt.

[…]

Trotz dieser großen sozialen Unterschiede und der Verwerfungen wird das heutige System „bürgerlicher Demokratie“ immer wieder als demokratisch oder als „soziale Marktwirtschaft“ dargestellt. Es ist beides nicht.

Warum sind die Menschen ´89 auf die Straße gegangen?

Man wollte Mitbestimmung, Bürgerrechte, Reisefreiheit, Solidarität, Gerechtigkeit, Frieden, Demokratie. Haben wir das heute in der Form wie wir es uns vorstellen?

Ganz sicher nicht!

Was wir haben ist eine permanente Krise und eine Regierung die den sozialen Unfrieden in Europa anheizt. Vor ein paar Jahren sagten Regierungsverantwortliche im Rahmen der „Bankenkrise“: „der Kapitalismus sei zu weit gegangen. Er sei nicht genug gezügelt worden.“ Aber ich sage: Es ist komplett in die falsche Richtung gegangen.

Es geht eben nicht um ein bisschen weniger oder einen anderen Kapitalismus – es geht darum die Richtung zu ändern. Und dazu haben wir eine Chance. Aber das müssen wir selbst in die Hand nehmen!

Unter Kohl, unter rot-grün und bis heute unter SPD und CDU wurde und wird noch immer eine Politik der Deregulierung und Privatisierung betrieben. Die Folgen: Billiglöhne, Arbeitsplatzabbau und Entsolidarisierung.

Aber was heißt denn Privatisierung?

Privatisierung heißt immer Verlust von Kontrolle!

Privatisierung heißt die Konzentration von Macht und Kapital in den Händen von wenigen.

Privatisierung heißt letztendlich die Aushöhlung demokratischer Grundprinzipien!

Schauen wir uns den Zustand der Gesellschaft heute an: Fast alle zentralen Bereiche der Gesellschaft wie

Gesundheit, Bildung, Altersvorsorge, Wasser- und Energieversorgung werden Stück für Stück privatisiert. All das womit man Geld machen kann wird dem öffentlichen entzogen.

Auch das wollen wir ändern. Bereiche der öffentlichen Daseinsvorsorge dürfen nicht in marktwirtschaftliche Schubladen gepresst werden!

[..]

In zwei Wochen wird der Bundestag in zweiter und dritter Lesung über den Haushalt beraten. Der zweitgrößte Posten des Bundeshaushaltes ist für das Militär und auch der ist jetzt bereits zu hoch. Aktuell gibt die Regierung 39 Milliarden Euro Steuergelder jährlich für Rüstung aus. Im kommenden Jahr sollen es 4,5 Milliarden mehr werden.

Was der Regierung Kriegsvorbereitung und Kriegsbeteiligung aber tatsächlich wert ist, zeigt die geplante Steigerung der Militärausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Er soll auf über 70 Milliarden in den kommenden Jahren nahezu verdoppelt werden. Diese jährlichen Mehrausgaben sind soviel, wie die einmalige Sanierung aller maroden deutschen Schulen kosten würde. Aber, statt zivile Strukturen zu fördern, wird Geld in Militär und Aufrüstung gesteckt.

Dem gilt unser entschiedener Widerstand! Das wollen wir ändern, das wollen wir verhindern!

Wir müssen Sand, ins Getriebe der Kriegsmaschinerie werfen. Gelingt es, die zweiprozentige Aufrüstung zu stoppen, – gelingt es sogar Abrüstungsschritte zu erzwingen -, würde nicht nur die Kriegsgefahr gestoppt werden, sondern es würden Gelder frei für Schule, Pflegeeinrichtungen, öffentliche Krankenhäuser und andere soziale Einrichtungen.

Der außenpolitische Militarismus ist ein zwangsläufiges Ergebnis des Profitstrebens im Kapitalismus.

Solange es Konzerne gibt die an Kriegen verdienen, wird es auch Kriege geben. Denn machen wir uns nichts vor: Bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr geht es nicht um Demokratie und Menschenrechte. Es geht darum ökonomische Interessen des Kapitals auch militärisch abzusichern. Es geht um „neue Märkte“.

Zerbomben und anschließend wieder aufbauen ist ein großes Geschäft – nicht nur für die Rüstungsindustrie sondern generell. Es gibt einen erbitterten Konkurrenzkampf um Absatzmärkte, um die Gewinnung von Rohstoffen zur Erreichung von Maximalprofit.

Hier am Marktplatz ist das Karriereberatungs- und Rekrutierungsbüro der Bundeswehr. Seit Jahren gibt die Bundeswehr sehr viel Geld aus um junge Menschen für den Dienst an der Waffe zu gewinnen. Riesige Werbekampagnen und Präsenz der Armee an den Schulen gehören dazu.

Es gibt seit Jahren große Anstrengungen von antimilitaristischen Aktivisten, die Bundeswehr aus den Schulen, aus den Jobcentern und den Unis zu vertreiben, um das Kriegswerben zu unterbinden.

Aber trotz mancher Erfolge geht die ideologische und strukturelle Zurichtung der Gesellschaft nach militärischen Interessen weiter.

Die Hälfte der Soldaten in Auslandseinsätzen der Bundeswehr kommen aus dem Osten. Und natürlich: Arbeitslosigkeit, soziale Perspektivlosigkeit, Ausgrenzung, Rassismus – das ist das beste Reservoir für Kanonenfutter.

Das wollen wir ändern!

Deswegen sagen wir: Bundeswehr raus aus den Schulen! Bundeswehr raus aus den Universitäten! Bundeswehr raus aus den Jobcentern!

[…]

Wir dürfen heute grüne, schwarze, rote oder gelbe Parteien wählen, aber die tatsächlichen Machtverhältnisse bleiben unverändert. Was nützt politische Macht ohne ökonomische Macht?

Solange die Wirtschaft ausgeklammert bleibt, solange private Banken und Konzerne mehr Macht haben als Parlamente, ist es bestenfalls eine Fassadendemokratie.

Darum: Wer die Eigentumsfrage nicht stellt braucht auch nicht von Demokratie zu sprechen.

Zum Aufbau einer demokratischen Gesellschaft ist eine andere Wirtschaftsordnung eine unabdingbare Voraussetzung. Und hierfür ist die Frage nach dem Eigentum, die wichtigste an der sich alles andere festmacht.

Eine wirklich demokratische Gesellschaft verhindert die aus großen privaten Vermögen resultierende Machtzusammenballung. Also genau das Gegenteil von dem was uns der Kapitalismus lehrt.

Demokratie heißt nun einmal eine Gesellschaftsordnung, in der die Entscheidungen so getroffen werden, dass sich die Interessen der Mehrheit auch durchsetzen.

Die Gesellschaft muss grundsätzlich umgebaut werden. Und zwar in eine Form, in der eben nicht diejenigen, die Vermögen und Geld besitzen, demokratische Entscheidungen entscheidend beeinflussen.

Eine wirklich demokratische Gesellschaft lässt das Vermögen denen, die es durch ihre Arbeit schaffen. Und das ist und bleibt auch die Voraussetzung einer strukturell friedlichen Welt.

Und dafür ist die Enteignung der Rüstungskonzerne, der privaten Banken und Versicherungen unumgänglich.

In diesem Sinne:

Lasst uns die heutige Aktion als Anfang für etwas Neues begreifen.

Lasst uns eine Bewegung aufbauen, die in der Lage ist, dieses Land in den nächsten Jahren gründlich umzukrempeln.

Eine Bewegung die das Diktat der Banken und Konzerne brechen wird.

Eine Bewegung deren Ziel es ist den Kapitalismus zu überwinden und echte Demokratie herzustellen.

Lasst uns Aufstehen für Abrüstung!

Aufstehen für Frieden und Soziale Gerechtigkeit!“

Redebeitrag 03.11.2018, Leipzig, Aufstehen Demo „Würde statt Waffen“ – Abrüsten statt Aufrüsten, Mike Nagler

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