Reportage vom ZDF über Deutsches Volksunwohl

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Die Suche nach Hitlers Volk

Der Versuch der zweiteiligen ZDF-Reportage „Die Suche nach Hitlers Volk“, das Deutsche im Deutschen zu analysieren und daraus Verhaltensweisen in Konfliktsituationen abzuleiten, die u.a. zur massenhaften Befürwortung des bislang noch größten Vernichtungskrieg in der Menschheitsgeschichte führte, ist gelungen.

Die Reportage basiert,auf Beschreibungen eines US-Soziologen und Historiker im Dienste der Army im 2. Weltkrieg und schildert die Situation, warum das Deutsche Volk einer Herde dummer Schafe gleich dem „Heils-Versprechen“ der propagandistisch hervorragend organisierten Nazi-Truppe um die kleine und fast lächerlich wirkende Führergestalt blind kollektiv den rechten Arm hoch reckend in den vorhersagbaren Untergang folgten.
Besonders wichtig erscheint die Schlussfolgerung, dass es einen Nährboden weit vor dem uniformierten Wahnsinn gegeben hat. Die Deutschen seinen ein gebücktes Volk, das nicht im Stande sei, einen wirksamen Widerstand aus sich heraus gegen eine Massenhisterie zu entwickeln.
Was zu dem Schluss führt, dass dieses Volk es weder 1813 oder 1848, noch 1871 sowie 1918, erst recht nicht während des zwölf Jahre dauernden 1000jährigen Reiches von 1933 bis 1945 und letztlich jüngst 1989 nicht vermochte, sich selbst von Ketten, Ideologien, Kriegstreibern und Menschenverachtern zu befreien. Im Gegenteil: Jede dieser kleinen Chancen, sich als Volk souverän zu behaupten, führte immer genau dazu, das sich dieses Volk seinem Geschenk fremderwirkter Befreiung mit negativem Gewinsel und Geheule entgegentrat. Es gab niemals aufgrund der massenhaften Einigkeit in der Volksablehnung die Chance, Alternativen, die in kleinen progressiven Zirkeln entstanden sind, massenhaft Gehör zu schenken, die Vorschläge zu diskutieren und auf Toleranz basierend einen massenkompatiblen Kompromiss zu finden und umzusetzen.
Beispiele sei nur bezogen auf die jüngste Vergangenheit angeführt: Mit dem Unvermögen, sich die Schuld am Dritten Reich einzugestehen, blieb ein massenhafter Widerstand des Deutschen Volkes aus, um gegen den Krieg, die systematische Vernichtung der Juden, Sinti und Roma, Schwulen und Lesben, Andersdenker, Farbiger … zu kämpfen. Im Gegenteil war für den Großteil unserer Großeltern und Eltern die Rechtfertigung des zweiten Weltkrieges eine gerechtfertigte Folge der Unterdrückung des Deutschen Volkswohls nach dem Versailler Vertrag. Kein Argument in Richtung Militarismus, verpasster Chancen bei der Kolonialisierung der Welt und Anfängen eines deutsch dominierten globalisierten Imperialismus fand seinen Weg ins Volksnachdenken. Aus dieser Schuld und Untätigkeit heraus konnte sich auch in den letzten 70 Jahren keine Volksethik und Volksmaral gegen den weiterhin in der Volksseele schlummernden Nationalismus und Faschismus entwickeln.
Es bleibt dem deutschen Volke vorbehalten, in seinem falschen Nationalstolz, der sich wie jüngst gegen Einwanderer, Flüchtlinge und Asylbewerber als offener Rassismus richtet, gefangen zu sein. Die Masse schaut wieder zu, wenn Häuser von zur Volksgemeinschaft nicht passenden Mitmenschen angezündet werden, wenn junge Menschen, die sich zum Schutz mit ihren eigenen Körpern vor die Neuankömmlinge stellen, mit Steinen beworfen werden. Ja, die
Volksmasse freut sich wie neulich auf Facebook gepostet über ertrunkene Menschen im Mittelmeer, die aufgrund von Armut und Hunger in den Eigenen Ländern sich aufgemacht hatten, um mit den eigenen Händen sich etwas vom Volkswohlstandskuchen zu erarbeiten. Die Volksmasse ist schnell dabei große Bildüberschriften perfekt als eigen gebildete Meinung zu rezitieren.
Der Schoß ist fruchtbar noch. Und wenn sich durch bewusstes Wegsehen, unterlassener Hilfeleistung und Raffgier zum eigenen Vorteil die Schlinge um den Deutschen Volkswohlstand so eng zieht, dass die Deutschen vermeintlich wieder keinen Raum zum Atmen haben sollten, dann wird der Erfolg von starken Volksgenossen, wie in Dänemark, den Niederlanden, Polen oder Ungarn auch in Deutschland nicht ausbleiben. In dem Fall kann sich das Volksgemüt wieder wie vor 70 Jahre hinter der Aussage verstecken, man hätte davon nichts gewusst. Das Deutsche Volk vergibt sich aus innerem massenkompatiblem Opportunismus die erneute Chance, Motor in der Geschichte zu sein und der Völkerwanderung von Arm zu Reich globale Alternativen fernab von entmenschlichtem Gewinnstreben und getragen von Respekt und Solidarität anzubieten und gemeinschaftlich umzusetzen.

Link zu den Reportagen: Die Suche nach Hitlers Volk – Teil 1 + Die Suche nach Hitlers Volk – Teil 2

Covertext zur Sendung (© ZDF): Bei seiner Fahrt durch gerade eroberte Gebiete in Deutschland interviewt ab Ende 1944 Saul Padover mit seiner Spezialeinheit für psychologische Kriegsführung viele „ganz normale“ Deutsche. Der US-Soziologe und Historiker trifft Bäuerinnen, Bürgermeister, junge Frauen, Lehrer, Anwälte, Arbeiter, Hausfrauen und einstige Gewerkschafter. Was er über seine Gespräche notiert, ist beklemmend. Es bleibt bis heute der unmittelbarste Stimmungsbericht aus dem ruinierten Niemandsland zwischen Krieg und Frieden. Padover trifft auf verbitterte, illusions-, teils gefühllose Zivilisten – sie fühlen sich vom „Führer“, der ihnen so viel verheißen hatte, betrogen. Plötzlich wollte keiner mehr ein „richtiger Nazi“ gewesen sein – man habe unter Zwang mitgemacht. Und immer aufs Neue bekommt Padover Erklärungsversuche, Entschuldigungen, Ausflüchte zu hören – aber keine schlüssige Antwort auf die Frage: Wie konnte das alles geschehen? Der erste Teil greift diese Frage auf und widmet sich den Vorkriegsjahren.