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Nachrichten

Foto: Tina Hartung by unsplash.com

Denkanstoß des Tages – Über die emotionale Nähe von Nachrichten – Gastbeitrag von Mounir Zitouni

19. März 2022 Gastbeitrag 0

Als Journalist in der Ausbildung bekam ich vor vielen Jahren einen Satz von Kollegen mit, der mich bis heute immer mal wieder beschäftigt. Es hieß […]

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    Denkanstoß des Tages – Über die emotionale Nähe von Nachrichten – Gastbeitrag von Mounir Zitouni

    Als Journalist in der Ausbildung bekam ich vor vielen Jahren einen Satz von Kollegen mit, der mich bis heute immer mal wieder beschäftigt. Es hieß […]

  • Denkanstoß des Tages – Wie viele Atomwaffen zerstören die Erde?

    Es reicht, dass die alten weißen Männer immer noch über die Notwendigkeit einer atomaren Abschreckung fabulieren …

  • Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_wei%C3%9Fe_Friedenstaube

    Denkanstoß des Tages – Lost Peace – Der verlorene Frieden für die Menschen

    Mitten im Kurzurlaub, nicht überraschend und doch für den Zeitpunkt unerwartet: In den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 beginnt Russland auf Anordnung von Präsident […]

  • Denkanstoß des Tages – Auf ein Neues im neuen Jahr

  • © Dimitri Karastelev by unsplash

    „REAGIERT TELEGRAM WIE BISHER, SIND DIE JURISTISCHEN WEGE ERSCHÖPFT“*

    Bei einer Razzia in Dresden wurden gestern Waffen sichergestellt und Tatverdächtige vernommen, die in einem Chat Morddrohungen gegen den sächsischen Ministerpräsidenten geäußert haben sollen. Über den Messengerdienst Telegram sollen sie sich vernetzt und ausgetauscht haben. Nicht erst seit diesem Fall steht Telegram in der Kritik. Die Straf- und Medienrechtlerin Prof. Dr. Elisa Hoven von der Universität Leipzig forscht zu Hate Speech im Internet. Im Interview erläutert sie die Unterschiede im Umgang mit sozialen Netzwerken und Messengern und nennt Ansätze, um gegen Hass und Gewalt im Netz vorzugehen.

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EuGH: Asylnotstand in Litauen nicht rechtens
30 Juni 2022
EuGH: Asylnotstand in Litauen nicht rechtens
Als der belarusische Diktator Lukaschenko 2021 Tausende Flüchtlinge über die Grenzen in EU-Staaten schickte, erließ Litauen Notstandsregeln. Asylanträge wurden damals kaum angenommen. Dem erteilte der EuGH nun eine Absage. Von Gigi Deppe.
Argentinien: Gen-Weizen als Antwort auf Klimaextreme?
30 Juni 2022
Argentinien: Gen-Weizen als Antwort auf Klimaextreme?
Kaum Niederschläge, trockene Böden, verdorrte Ernten - Argentiniens Landwirtschaft litt in den vergangenen Jahren immer wieder unter Dürren. Mit Hilfe von Gentechnik könnten Pflanzen resistenter werden. Von A. Herrberg.
Neues Gesetz vereinfacht Änderung des Geschlechtseintrags
30 Juni 2022
Neues Gesetz vereinfacht Änderung des Geschlechtseintrags
Der Geschlechtseintrag im Pass soll künftig durch eine einfache Erklärung beim Standesamt geändert werden können. Die Minister Buschmann und Paus stellten das neue Selbstbestimmungsgesetz vor.
Marktbericht: DAX stürzt unter 12.700 Punkte
30 Juni 2022
Marktbericht: DAX stürzt unter 12.700 Punkte
Rezessionsfurcht und die Sorge vor einer anhaltenden Inflation treiben die Anleger aus dem Aktienmarkt. Der DAX findet keinen Boden, offenbar halten die Investoren das Kursniveau noch für zu hoch.
Russland zieht sich von Schlangeninsel zurück
30 Juni 2022
Russland zieht sich von Schlangeninsel zurück
Ende Februar eroberten russische Truppen die strategisch wichtige Schlangeninsel - nun ziehen sie sich von ihr zurück. Moskau spricht von einer "Geste des guten Willens". Die Ukraine meldet hingegen, die Insel angegriffen zu haben.
LWB: Alle drei Neubauprojekte 2021 pünktlich fertiggestellt, 800 weitere Neubauwohnungen in Planung
30 Juni 2022 - Ralf Julke

80 Prozent des Baus neuer Sozialwohnungen stemmt in Leipzig die Leipziger Wohnungs- und Baugesellschaft (LWB). Und sie baut nicht nur, sie hält auch noch die Termine. „2021 war für die LWB ein Jahr voller großer Herausforderungen“, sagte Doreen Bockwitz, LWB Geschäftsführerin Wohnungswirtschaft und Bau, am Mittwoch bei der Vorstellung der Jahresbilanz für 2021. „Zudem galt […]

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Das LKA Sachsen informiert zum Thema Wohnungseinbruch
30 Juni 2022 - Pressemeldung

„Na hoffentlich ist zu Hause alles in Ordnung!“, ein Gedanke, der den meisten Menschen nicht fremd sein dürfte, die während ihres Urlaubes in der Ferne weilen. Denn, was nützt der schönste Urlaub, wenn zu Hause eine böse Überraschung wartet und Diebe Ihre Wohnung verwüstet haben. Einbrecher sind das ganze Jahr über unterwegs und schauen nach […]

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Sabine Friedel (SPD): Berufsakademie Sachsen auf dem Weg zur Dualen Hochschule
30 Juni 2022 - Sabine Eicker

Sabine Friedel, stellvertretende Vorsitzende und hochschulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, zur Weiterentwicklung der Berufsakademie Sachsen und zur Präsidentenwahl:  „Professor Dr.-Ing. Hänsel hat in den letzten fünf Jahren als Präsident die Berufsakademie geprägt und sie zukunftsfest aufgestellt. Ihm und den Direktor:innen der Studienakademien ist es gelungen, das duale Studium – also wechselnde akademische Theorieeinheiten und Praxisphasen im […]

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Notfallrettung: Potenzielle Ersthelfer dank neuer App schneller vor Ort
30 Juni 2022 - Pressemeldung

Freiwillige Ersthelfer sollen künftig per App an einen Einsatzort gelotst werden und dort bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes mit lebensrettender Hilfe beginnen können – dieses innovative Projekt soll in Leipzig im nächsten Jahr starten. Die neue App ist eine der von der Verwaltungsspitze beschlossenen neuen Softwarelösungen für die medizinische Notfallrettung und den Krankentransport. „Mit der […]

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Polizeibericht 30. Juni: Waldohreule gerettet, Flucht vor Polizeikontrolle, Knochenfund an der JVA Torgau
30 Juni 2022 - Pressemeldung

Räuberische Erpressung – Zeugenaufruf Ort: Leipzig (Reudnitz-Thonberg), Dresdner Straße, Zeit: 30.06.2022, 04:05 Uhr Als am frühen Morgen ein 18-Jähriger und ein 17-Jähriger mit Fahrrädern auf der Dresdner Straße in Richtung Gerichtsweg fuhren, wurden sie in Höhe der Kreuzung Dresdner Straße/Reclamstraße von drei Unbekannten angesprochen, welche die Herausgabe ihrer Fahrräder forderten. In der weiteren Folge rannten […]

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Pride to be autistic – Laßt uns für die Rechte von Autist*innen aus der Peer Perspektive kämpfen!
18 Juni 2022 - DIE LINKE. Sachsen
Zum Autistic Pride Day am 18.06. erklärt der Landesinklusionsbeauftragte DIE LINKE Sachsen, Birger Höhn:   »Heute ist mein Tag als autistischer Mensch zusammen mit allen anderen autistischen Menschen. Heute ist Autistic Pride Day! Den Autistic Pride Day gibt es seit 2005 und er wurde initiert speziell von autistischen Selbstvertretungen in den USA und Großbritannien. In weiterlesen "Pride to be autistic – Laßt uns für die Rechte von Autist*innen aus der Peer Perspektive kämpfen!"
Bericht aus dem Landesvorstand vom 17.06.2022
17 Juni 2022 - DIE LINKE. Sachsen
Am 17. Juni traf sich der Landesvorstand digital zu seiner regulären Sitzung. Zunächst wurden im Landesvorstand die Kommunalwahlen ausgewertet. Dazu hatte es bereits eine Pressemitteilung mit dem Fazit »Licht, etwas Schatten und auch Luft nach oben« gegeben. Betont wurde sowohl die Verteidigung der beiden Rathäuser in Flöha und Lugau – und hoffentlich im zweiten Wahlgang weiterlesen "Bericht aus dem Landesvorstand vom 17.06.2022"
Licht, Schatten, Luft: Zum Ausgang der ersten Runde der Kommunalwahlen in Sachsen
13 Juni 2022 - DIE LINKE. Sachsen
Licht, Schatten und Luft nach oben – so bewertet DIE LINKE. Sachsen das Abschneiden bei den Kommunalwahlen vom 12. Juni. „Wir freuen uns, dass Volker Holuscha als Oberbürgermeister in Flöha, Thomas Weikert als Bürgermeister von Lugau im ersten Durchgang wiedergewählt worden sind und unsere Bornaer Oberbürgermeisterin Simone Luedtke mit ihrem Wahlergebnis beste Aussichten hat, im weiterlesen "Licht, Schatten, Luft: Zum Ausgang der ersten Runde der Kommunalwahlen in Sachsen"
Populäre LINKE!
31 Mai 2022 - DIE LINKE. Sachsen
Aufruf – Jetzt unterschreiben https://populaere-linke.de/jetzt-unterschreiben/ https://populaere-linke.de/ Der Aufruf Die Preise für Energie und Lebensmittel steigen, und mit ihnen die gesellschaftliche Ungleichheit. Denn Löhne, Renten und soziale Leistungen halten mit der Teuerung bei weitem nicht Schritt. Die Mieten gehen seit langem durch die Decke, die Probleme im Gesundheitssystem wurden auch nach Jahren der Pandemie nicht behoben. weiterlesen "Populäre LINKE!"
»Nein!« zur russischen Präventivkriegspropaganda!
25 Mai 2022 - DIE LINKE. Sachsen
Erklärung der beiden Landesvorsitzenden zur geäußerten Präventivkriegsthese durch ein Mitglied unserer Partei.
NATO: Feinde sind markiert
29 Juni 2022
Gipfel des westlichen Militärpakts: Russland als »direkteste Bedrohung«, China als »Herausforderung«. US-Präsident will »Natoisierung Europas«.
Kommentar: Reiche zur Kasse bitten
29 Juni 2022
Hierzulande sind die meisten Reichen zuletzt noch reicher, aber auch – wie die Armen – zahlreicher geworden. Wenn man die Ungleichheit verringern will, muss man eine Doppelstrategie verfolgen.
Porträt: Trostpreisträger des Tages: Nathanael Liminski [Online-Abo]
29 Juni 2022
Trotz ergebener Treue wurden seine Gebete nicht erhört, aber ganz leer sollte der Best Buddy von Armin Laschet nicht ausgehen.
Afghanistan: Blockierter Wiederaufbau
29 Juni 2022
Nach Erdbeben in Afghanistan: Westen verweigert Kabul Zugriff auf Auslandsguthaben. Kaum Aussicht auf Hilfsgelder
Afghanistan: In den Ruin getrieben [Online-Abo]
29 Juni 2022
US-Regierung teilt eingefrorenes afghanisches Geld auf: Hälfte für 9/11-Opferfonds, Hälfte für Hilfslieferungen.
Sechs kubanische Provinzen melden Übertragung von Dengue-Fieber
29 Juni 2022 - Alina Perera Robbio

Der kubanische Gesundheitsminister José Angel Portal Miranda teilte am Dienstag auf der Sitzung der Nichtständigen Arbeitsgruppe für die Prävention und Kontrolle der COVID-19-Pandemie wichtige Informationen über verstärkte Maßnahmen zur Bekämpfung der Aedes-Aegipty-Mücke und der von ihr übertragenen Krankheiten mit

Ausländische Investitionen für Modernisierung von Zuckerfabriken
29 Juni 2022 - Maby Martínez Rodríguez

Die Sanierung der angeschlagenen Industrie ist für die Entwicklung des Sektors unerlässlich

Sommer im Zeichen der Kunst
28 Juni 2022 - Ricardo Alonso Venereo

Vom 2. Juli bis zum 28. August wird das institutionelle System der Kultur ein umfangreiches Programm von Aktionen und Aktivitäten entwickeln, um Kunst und gesunde Erholung in alle Winkel des Landes zu bringen

Díaz-Canel empfing Vertreter der brasilianischen Gemeinde Maricá
28 Juni 2022 - René Tamayo León

Der kubanische Präsident erfuhr vom Interesse der Delegation aus dem Bundesstaat Rio de Janeiro an der Förderung der Beziehungen zur biopharmazeutischen Industrie und an der Sondierung von Kooperationsabkommen in anderen Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Kultur

Fina García Marruz verstorben
28 Juni 2022 - Laura Mercedes Giraldez

Die exzellente Schöpferin wurde sowohl bekannt durch ihre Lyrik als auch durch ihre investigativen Arbeit, für die sie mit bedeutenden Preisen ausgezeichnet wurde

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Zeitgeschichte | Ein RAF-Anwalt wird zum RAF-Sympathisanten erklärt und suspendiert
30 Juni 2022 - Markus Mohr
Zeitgeschichte | Ein RAF-Anwalt wird zum RAF-Sympathisanten erklärt und suspendiert
In der Kassiber-Affäre gerät Otto Schily 1972 unter Verdacht, zwischen den RAF-Gefangenen Nachrichten weiterzuleiten Ein RAF-Anwalt wird zum RAF-Sympathisanten erklärt und suspendiert

Am 15. Juni 1972 wird die als RAF-Aktivistin seit Mai 1970 zur Fahndung ausgeschriebene Ulrike Meinhof zusammen mit ihrem Begleiter Gerhard Müller festgenommen. Als die Verhafteten durchsucht werden, taucht ein Kassiber auf, der mutmaßlich von dem RAF-Mitglied Gudrun Ensslin stammt. Eine Woche zuvor in Hamburg festgenommen, sitzt sie seitdem in der JVA Essen ein. Der von einer, so die Ermittlungen, „unbekannten elektrischen IBM-Schreibmaschine mit Kugelkopf und der Schriftart ‚dual gotic‘ “ abgeschriebene Kassiber enthält eine Reihe von Anweisungen und Tipps zum weiteren Vorgehen der RAF. Außerdem schildert Ensslin, wie sie ihre Verhaftung in Hamburg empfunden hat.

Für die Sicherheitsbehörden stellt sich sofort die Frage, wie dieses Papier aus der Vollzugsanstalt Essen in die Hände von Meinhof gelangen konnte. Die Antwort folgt umgehend: Otto Schily, der Verteidiger von Ensslin, muss der Überbringer gewesen sein. Georg Knoblich, Ermittlungsrichter am Bundesgerichtshof, erlässt noch am 17. Juni 1972 auf Antrag des Generalbundesanwaltes – ohne Schily angehört zu haben – den Beschluss, den Anwalt unter dem „dringenden Verdacht (…), sich an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied beteiligt oder sie zumindest unterstützt“ zu haben, aus seinem Mandatsverhältnis auszuschließen. Die Botschaft Ensslins „mit Anweisungen für die weitere verbrecherische Tätigkeit der kriminellen Vereinigung“ könne, so Knoblich, „nur durch Rechtsanwalt Schily aus der Haftanstalt herausgeschmuggelt und der Beschuldigten Meinhof übermittelt worden sein“.

Was ist passiert? Generalbundesanwalt Ludwig Martin hat Tage zuvor – synchron mit diesbezüglichen Veröffentlichungen der Springer-Presse über mutmaßlich kriminelle Aktivitäten von „45 namentlich bekannten linksradikalen Rechtsanwälten“ – bei einer Pressekonferenz behauptet, dass verschiedene Anwaltskollektive über die „anwaltschaftlichen Berufspflichten hinausgehende Verbindungen zur Baader-Meinhof-Gruppe“ unterhielten. Das löst unter den so markierten Juristen, darunter Schily, energischen Protest aus. Die Rechtsanwälte Kurt Groenewold, Dieter Reinhard und Franz Josef Degenhardt stellen gegen Ludwig Strafanzeige wegen Verleumdung. Rechtsanwalt Heinrich Hannover erhebt gegen den Generalbundesanwalt eine Dienstaufsichtsbeschwerde, in der er einen schweren Verstoß gegen Amtspflichten rügt und die sofortige Dispensierung verlangt. Dennoch gelingt es der Bundesanwaltschaft zunächst, Schily als Anwalt von Gudrun Ensslin auszuschalten. Kurz darauf wird er auch aus seinem Mandat für Katharina Hammerschmidt entfernt, die sich auf sein Zuraten hin den Sicherheitsbehörden gestellt hat.

Kassiber-Schmuggel durch RAF-Gefangene

Schily erfährt von dem gegen ihn eingeleiteten Ermittlungsverfahren aus der Presse und beauftragt den Rechtsprofessor Uwe Wesel, Vizepräsident an der FU in Westberlin, seine Interessen wahrzunehmen. Wesel beginnt zu recherchieren und verfasst für den in Bedrängnis geratenen Freund aus Studienzeiten mehrere Schriftsätze zu dessen Verteidigung. Darin widerlegt Wesel eine Reihe von Behauptungen der Sicherheitsbehörden. Er argumentiert: In der Tat konnte Schily am 12. Juni in der JVA Essen in der Zeit zwischen 9.15 und 11.45 Uhr mit seiner Mandantin unbeaufsichtigt in einem Besuchsraum sprechen, wie es gesetzlich zulässig ist. Dabei wurde das Gespräch anfangs durch zwei Kriminalbeamte von einem Nebenraum aus überwacht – eine illegale Maßnahme, die von Schily, als er sie entdeckt, umgehend beendet wird.

Wesel zerpflückt in seiner Analyse die vom NRW-Justizministerium lancierte Theorie, die gegen Gudrun Ensslin mit dem Ziel totaler Abschirmung ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen in der JVA seien perfekt. So hat der Leiter der JVA gegenüber dem Bundeskriminalamt erklärt, es sei auszuschließen, „dass eine Bedienstete der Frauenabteilung allein unter vier Augen mit ihr (Ensslin) Kontakt hatte. Tagsüber dürfen nur zwei, nachts sogar nur drei Bedienstete ihre Zelle betreten“. Wesel führt in seinen Schriftsätzen eine Vielzahl von Beispielen dafür an, dass dies eben nicht zutraf. Ensslin habe beispielsweise Streichhölzer und Shampoo ganz ohne umständliche Genehmigungsformalitäten für ihre Zelle organisieren können.

Was das Herausbringen von Nachrichten aus der Strafanstalt angeht, erinnert Wesel an eine alte Einsicht: „Die Strafgefangenen entwickeln einen bemerkenswerten Einfallsreichtum auf diesem Gebiet; oft kommt ihnen auch der Zufall zu Hilfe. Außerdem bildet sich im Bereich der Strafanstalt eine Art von Subkultur, in der Verfehlungen von Justizvollzugsbeamten nicht auszuschließen sind.“ Er sieht es als „symptomatisch“ für die JVA Essen, dass die Strafgefangenen durch das Abhören von Polizeifunk noch vor der Anstaltsleitung über das Eintreffen von Gudrun Ensslin informiert gewesen seien. Wesel macht weiter geltend: Der Tatverdacht gegen Schily werde allein damit begründet, dass angeblich niemand außer ihm den fraglichen Kassiber aus der JVA herausgebracht haben könne. „Positive Beweise gibt es nicht.“ Es werde nur „ex-negativo“ geschlussfolgert, Rechtsanwalt Schily müsse es gewesen sein, weil es angeblich jemand anders nicht getan hat. Wesel verweist auf reichhaltige Erfahrungen im Kassiber-Schmuggel durch andere RAF-Gefangene wie Astrid Proll oder Marianne Herzog, die das ohne Hilfestellung von Anwälten bewerkstelligt hatten.

Otto Schily übersteht Kassiber-Affäre

Dass Otto Schily von der Ensslin-Verteidigung suspendiert wird, sorgt für breiten Protest und den ersten Hungerstreik in der damals noch frühen RAF-Geschichte, dem sich gut 30 Gefangene anschließen. Rechtsanwalt Heinrich Hannover äußert Mitte Juli 1972 auf einer Tagung linker Juristen in Frankfurt/M. die Befürchtung, „dass wir eines Tages alle hochgehen, spätestens wenn irgendwo wieder ein Kassiber aus RAF-Hand auftaucht“. Ende August verwirft der Dritte Strafsenat am Bundesgerichtshof die Beschwerde Schilys. Die Richter begründen das mit einer Aussage, die den schlichten Sympathisanten-Verdacht zum juristischen Argument erhebt. Man müsse doch „die in erheblichem Umfange gleichgerichteten Interessen“ zwischen Beschuldigten und Verteidigern berücksichtigen, erklärt der Dritte Strafsenat, während doch die Interessen „eines Vollzugsbeamten und die eines Gefangenen durchaus gegensätzlicher Art sind“.

Einer derart dünnen Argumentation mag Ende September 1972 Senatspräsident Paul Jericke in dem beginnenden Strafprozess gegen Horst Mahler nicht folgen. So lehnt er einen Antrag des Generalbundesanwaltes auf Entpflichtung von Mahlers Verteidiger Schily ab. Aus Sicht von Jericke sei der Beweis, dass definitiv ausgeschlossen werden könne, dass niemand anders als Schily den Kassiber aus der JVA Essen geschmuggelt habe, keineswegs erbracht. Insofern liege gegen diesen auch kein schwerwiegender Verdacht vor.

Letztlich geht die Kassiber-Affäre für Otto Schily gut aus. Der Besitz jener unbekannten elektrischen IBM-Schreibmaschine mit Kugelkopf, die für den Kassiber verwendet worden ist, kann ihm nicht zugeordnet werden. Mitte Februar 1973 hebt das Bundesverfassungsgericht den Ausschluss von Schily aus der Verteidigung von Ensslin mit der Begründung auf, dies verletze die Freiheit seiner Berufsausübung.

Für den britischen Konsularbeamten Ian Macleod geht die Kassiber-Affäre hingegen ganz anders aus. Weil auf dem Zettel von einem „Mac“ die Rede ist, ermittelt die Polizei gegen ihn. Als Beamte am 25. Juni, 6.30 Uhr, schwer bewaffnet an seiner Wohnung in Stuttgart klingeln, öffnet der schlaftrunkene Macleod kurz die Tür, um sie vor Schreck gleich wieder zuzuschlagen. Daraufhin erschießt ihn ein bis heute namenlos gebliebener Polizist mit seiner Maschinenpistole. Die weiteren Ermittlungen ergeben, dass Ian Macleod keinerlei Kontakte zu Linken, geschweige denn zur RAF nachzuweisen sind.

Markus Mohr ist freier Autor und Herausgeber des zweibändigen Werks Das Prinzip Solidarität. Zur Geschichte der Roten Hilfe in der BRD

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.

Meinung | Lernt aus Corona, unterstützt den Pflegestreik! Unsere zukünftigen kranken Selbsts mahnen
30 Juni 2022 - Elsa Koester
Meinung | Lernt aus Corona, unterstützt den Pflegestreik! Unsere zukünftigen kranken Selbsts mahnen
Diese Pandemie verändert die Welt, haben wir gesagt: Jetzt wissen wir, wie wichtig die Pflege ist. Und jetzt? Glauben wir wieder, dass wir unsterblich sind? Haben wir alles vergessen? Lernt aus Corona, unterstützt den Pflegestreik! Unsere zukünftigen kranken Selbsts mahnen

Corona verändert die Welt, haben wir gesagt, nach dieser Pandemie wird nichts mehr so sein wie vorher: Jetzt sehen wir endlich, wie wichtig die Pflege von Kranken ist, jetzt sehen wir endlich, was für eine wichtige Knochenarbeit sie tagtäglich leisten in den Krankenhäusern, sie brauchen besseren Lohn, wir brauchen mehr Personal, endlich versteht die Gesellschaft, haben wir geschrieben: Die Sorge um unsere Körper und Gesundheit ist wichtig. Und jetzt, zwei Jahre später? Streiken die Pflegearbeiterinnen dafür, dass sie nicht nach wenigen Monaten im Burnout landen, dass wir in ihren Krankenhäusern nicht in Schmerzen unbeachtet herumliegen, dass wir nicht unbeachtet sterben. Interessiert uns das noch?

Es ist, als würden wir zwei Jahre nach Hereinplatzen des neuen Virus in menschliche Körper kollektiv aufatmen: Puh, wir sind ja doch nicht sterblich! Ein Glück, kurz hatten wir schon Angst, dass dieses Virus uns aus dem Leben reißen könnte, dass wir bald um Luft ringend auf der Intensivstation landen könnten, dass wir tatsächlich von diesen Pflege-Menschen da abhängig sein könnten, von heute auf morgen. Aber jetzt hatten wir Corona schon, oder unsere Freundinnen hatten Corona, und so schlimm isses ja gar nicht! Gut, die Alten und Kranken hatten es schwer, aber der Rest von uns, na ja, eine kleine Grippe vielleicht, aber das Krankenhaus sehen wir deshalb noch lange nicht von innen!

Oder wie sonst soll man sich erklären, dass der Pflegestreik an den Unikliniken in Nordrhein-Westfalen nicht Zigtausende Menschen zur Unterstützung auf die Straßen holt? Dass die 2000 Pfleger*innen nun schon seit neun Wochen für mehr Personal streiken, und nicht die Titel aller Zeitungen füllen? Und das nach zwei Jahren Pandemie? Nach so vielen Reportagen über die Arbeitsverhältnisse in den Kliniken, nach so vielen Interviews mit Pflegekräften, die wegen Frust und Überlastung aus dem Job aussteigen, auf Teilzeit reduzieren? Nach dem Skandal im Pflegeheim vom Schliersee, bei dem alte Menschen verhungert sind? Nach den lazarettähnlichen Szenen auf den Intensivstationen?

Puh, vorbei, zum Glück gehört dieser Corona-Alptraum der Vergangenheit an – so fühlt es sich an. Vielleicht, weil dieses Virus nicht mehr so viele Menschen so krank macht, dass sie ins Krankenhaus oder auf die Intensivstation kommen. Vielleicht, weil wir nach zwei Jahren Pandemie einfach mal durchatmen müssen.

Niemand will eine Gesellschaft, die täglich in Angst vor Krankheit und Tod verharrt. So läuft das Leben nicht. Es stimmt, wir brauchen Zeiten zum Durchatmen, Zeiten der Leichtheit, des Sommers, gedankenlose Zeiten.

Bläst der Profitzwang wieder alle Gesundheit weg?

Wenn wir schon nicht genug Kraft aufbringen, solidarisch für jene zu kämpfen, die jetzt gerade Hilfe in den Krankenhäusern brauchen – dann sei daran erinnert: Sterben und Kranksein enden nicht mit der Corona-Pandemie. Jede*r zweite von uns wird in seinem oder ihren Leben an Krebs erkranken. Wir haben Verkehrsunfälle, wir bekommen Herzkrankheiten. Und selbst die läppischsten Krankheiten wie eine Mandelentzündung können dazu führen, dass wir operiert werden müssen. Wer schon einmal nach so einer Pille-Palle-Routine-Operation im Krankenhaus lag, mit Schmerzen und nicht schlafen könnend, weiß, wie existenziell wichtig es plötzlich wird, dass die Pflegerin schnell kommt, um mehr Schmerzmittel zu geben.

Corona ändert die Welt, haben wir geschrieben. Irrten wir uns? Bläst der Profitzwang unseres Wirtschaftssystems alle Bedürfnisse nach guter Versorgung in den Krankenhäusern wieder vom Tisch, wie die Arbeitgeber dies vor den Arbeitsgerichten in Nordrhein-Westfalen gerade versuchen – oder haben wir gelernt, dass unsere Würde, unser Wohlergehen, unsere Pflege wichtiger sind als jede kapitalistische Logik, und dass unsere Gesellschaft dafür sorgen muss, dass wir in der Not versorgt werden? Die Pfleger*innen jedenfalls haben gelernt. Seit neun Wochen streiken sie hartnäckig dafür, dass es uns besser geht. Was können wir tun, um sie zu unterstützen, und für uns selbst zu kämpfen – für unsere zukünftigen kranken, schwachen, auf Hilfe abgewiesenen Selbsts?

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.

Selbstverwaltung | Nordost-Syrien: Demokratischer als eine Verfassung
30 Juni 2022 - Elisabeth Olfermann, Christopher Wimmer
Selbstverwaltung | Nordost-Syrien: Demokratischer als eine Verfassung
Ein Gesellschaftsvertrag soll die Unabhängigkeit in Nord- und Ostsyrien vom Assad-Staat sichern. Für den dezentralen und radikaldemokratischen Ansatz gibt es weltweit Aufmerksamkeit Nordost-Syrien: Demokratischer als eine Verfassung

Bei Semalka bildet der Tigris die Grenze zwischen Irak und Syrien. Auf einer Pontonbrücke fährt man mit dem Minibus in wenigen Minuten über den gemächlichen Fluss. Er herrscht Betriebsamkeit auf beiden Seiten der Grenze, Grenzbeamte stehen bereit, die Kalaschnikows geschultert. Gepäck wird durchleuchtet, der Pass kontrolliert. Zwar betritt man danach syrisches Gebiet, doch zog sich der Staat hier vor Jahren zurück. Einen offiziellen Einreisevermerk gibt es daher nicht. Eine Frau mit Kopftuch überreicht lediglich einen losen Zettel, der die Einreise bestätigt. „Reveberiya Xweseriya Demokratik“ steht darauf: demokratische und autonome Selbstverwaltung.

Aufstand in Kobane

Dieses Projekt in Nord- und Ostsyrien wird zwar international nicht anerkannt, doch gibt es weltweit Aufmerksamkeit für das innovative System. Im Januar 2014 wurde in dieser Region – damals noch unter dem Namen Rojava – die Autonomie von der syrischen Zentralregierung proklamiert. Zuvor war es am 19. Juli 2012 in Kobane zum Aufstand der Bevölkerung gegen die Truppen von Präsident Baschar al-Assad gekommen, von denen die Stadt und Gebiete im Nordosten Syriens bald darauf geräumt wurden. Seither ist die Region selbstbestimmt, es kam zur Annahme einer ersten Quasi-Verfassung: dem Gesellschaftsvertrag. Dieses originelle Dokument beschreibt ein politisches System, das auf partizipativer Demokratie, Gleichstellung der Geschlechter und Ökologie beruht. Es will ebenso die friedliche Koexistenz verschiedener Religionen und Ethnien sichern. 2014 kam es zur Annahme einer „Charta des Gesellschaftsvertrags von Rojava“, die 2016 reformiert wurde. Derzeit wird der Vertrag erneut breit diskutiert und überarbeitet.

Zunächst ist die Tatsache bemerkenswert, dass von einem „Gesellschaftsvertrag“ und keiner „Verfassung“ die Rede ist. Dies reflektiert die Idee eines Zusammenlebens ohne übergeordnete Instanz. Der Nationalstaat wird in der Präambel des Gesellschaftsvertrags denn auch als Ursache für die Konflikte in Nord- und Ostsyrien dargestellt. Die Selbstverwaltung zielt insofern nicht darauf ab, einen Staat zu proklamieren. „Ein Grundprinzip unseres Vertrags ist es, flexibel und anpassungsfähig zu sein“, sagt Amina Omar, Co-Vorsitzende des Demokratischen Rates Syriens, seit 2015 politischer Arm der demokratischen Streitkräfte Syriens, die im Kampf gegen den Islamischen Staat (IS) standen. Ziel des Rates war ein säkulares, demokratisches und föderal gegliedertes Syrien. Dass der Gesellschaftsvertrag jetzt novelliert wird, hat für Omar viel damit zu tun, „dass nicht alle Gebiete in Nord- und Ostsyrien gleichzeitig befreit wurden. 2014 vereinten sich die drei Kantone Rojavas – Afrin, Kobane und Cizre – auf föderaler Basis. Die Institutionen dort beruhen immer noch auf dem Vertrag von 2014.

Andere Regionen wie Tabqa, Raqqa und Deir ez-Zor wurden erst nach und nach befreit und haben andere Institutionen, deshalb braucht es einen neuen Gesellschaftsvertrag. Nachdem überwiegend arabisch dominierte Regionen vom IS befreit wurden, kontrolliert die Selbstverwaltung nun rund ein Drittel des syrischen Staatsgebiets. Ende des Jahres soll der Vertrag in einer aktualisierten Version vorliegen – geplant war ein früherer Zeitpunkt, doch Einschränkungen durch die Corona-Pandemie, Änderungen und Rückfragen haben den Prozess verzögert. Omar erklärt ausführlich, wie die Bevölkerung beteiligt wurde.

Anerkennung tut not

Zunächst war ein Vorbereitungskomitee aus 158 Personen gewählt worden – Vertreter der Selbstverwaltung, Zivilgesellschaft, Parteien und verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Davon wählte man 15 Männer und 15 Frauen aus, die binnen zwei Monaten einen Entwurf vorzulegen hatten. Anteil daran hatte Berivan Khaled, Co-Vorsitzende des Exekutivrates der Selbstverwaltung, so etwas wie die Regierung Nord- und Ostsyriens.

Der Entwurf des neuen Gesellschaftsvertrags enthält nun 99 Artikel, die Grundrechte und Freiheiten, Prinzipien und soziale Regelungen festlegen, etwa die Koexistenz zwischen den Bevölkerungsgruppen, den Schutz der Umwelt oder die Frauenrechte. Festgeschrieben sind das Recht auf Selbstbestimmung, das Verbot von Todesstrafe und Folter. Volksversammlungen könnten auf all das noch Einfluss nehmen, ehe der Gesellschaftsvertrag abschließend vom Exekutivrat ratifiziert wird. Khaled meint, besonders wichtig sei es, den Volkswillen zu bündeln. Entscheidungen würden durch die Zusammenarbeit von Bürgern und Verwaltung getroffen, Meinungen auf demokratische Weise eingeholt. Der Kern eines dezentralen und radikaldemokratischen Systems ist die Kommune, die je nachdem aus einigen Dutzend oder Hunderten von Haushalten besteht. Die verwalten sich eigenverantwortlich und suchen Lösungen für alltägliche Probleme – ohne die Hilfe staatlicher Stellen. „Unser System ist kein zentralisiertes System. Es zehrt vom Prinzip der Dezentralisierung“, definiert Berivan Khaled den Stellenwert der Kommunen. Diese sollen sich „von unten“ ausbreiten und können auch in Betrieben und zivilgesellschaftlichen Verbindungen entstehen, wodurch das gesamte soziale Leben demokratisiert werden kann.

Amina Omar resümiert, dass bisher ein großer Teil der Bevölkerung den Vertrag akzeptiert und ihm zugestimmt habe. „Dieser Vertrag ist ein Gewinn für die Menschen, weil er die Rechte und Pflichten jedes Einzelnen garantiert. Natürlich können wir nicht sagen, dass eine solche Vereinbarung zu 100 Prozent perfekt ist, aber grundsätzlich wird er in hohem Maße akzeptiert.“ Noch mache sich ein „Mangel an demokratischem Gedankengut“ bemerkbar, der autoritäre Charakter des Assad-Regimes wirke nach. Omar mahnt zur Geduld, ist jedoch vorsichtig optimistisch: „In den letzten zehn Jahren haben sich demokratische Gedanken stark ausgebreitet, aber es ist ein langwieriger Kampf.“ Keine Nation schafft es so einfach, innerhalb eines Jahrzehnts den Willen zur Demokratie in der Bevölkerung zu verankern.

Ein „Riesenerfolg“ wäre die Anerkennung der Selbstverwaltung durch möglichst viele Staaten, so Khaled Davrisch. Der 30-Jährige ist der Vertreter der Selbstverwaltung in Deutschland. „Nord- und Ostsyrien verkörpern eine demokratische Alternative in dieser krisengeschüttelten Region.“ Man sollte das endlich auch über Syrien hinaus würdigen. Doch inmitten anhaltender bewaffneter Konflikte in Syrien ist es schwierig, Entwicklungen für die Selbstverwaltung zu prognostizieren. Zwar herrscht in Nord- und Ostsyrien relative Stabilität, doch sind auch hier Lebensmittel und Kraftstoff knapp. In hohem Maße hängt der politische Erfolg der Selbstverwaltung von der militärischen Lage ab. Unabhängig davon ist der Gesellschaftsvertrag bereits jetzt ein Modell für die Verwaltung demokratischer, multikultureller Gesellschaften. „Wir sind bei alldem auf die Moral unseres Volks angewiesen, um unser demokratisches Projekt zum Erfolg zu führen – um in Sicherheit, Freiheit und Stabilität leben zu können“, meint Berivan Khaled.

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.

Interview | Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer: „Wer sind wir eigentlich?“
30 Juni 2022 - Ralf Krämer
Interview | Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer: „Wer sind wir eigentlich?“
Jochen Distelmeyer singt jetzt auch in der Sprache von Prince und Bob Dylan und findet falsch, wie wir über Empathie sprechen Blumfeld-Sänger Jochen Distelmeyer: „Wer sind wir eigentlich?“

Mit Ich-Maschine, dem ersten Album von Jochen Distelmeyers Band Blumfeld, erschien vor dreißig Jahren das stilbildende Meisterwerk des deutschsprachigen Diskurs-Rocks. Jetzt veröffentlicht Distelmeyer als Solokünstler zum ersten Mal seit Heavy von 2009 ein Album mit eigenen neuen Songs: Gefühlte Wahrheiten.

Dass darauf drei komplett englischsprachige Songs aus eigener Feder zu hören sind, ist ein Novum – und zugleich das konsequente Produkt des Distelmeyer’schen Duktus. In seinen Liedern tauchten immer schon englische Zitate und Worte auf. Und auch beim Interview über Lüste, kulturelle Aneignung und Zivildienst in einem hip-gemütlichen Café an der geschäftigen Potsdamer Straße in Berlin pflegt er den freien Umgang mit Mehrsprachigkeit. Es wirkt dabei nicht affektiert, eher, als würde er singen, auch wenn er nur spricht.

der Freitag: Herr Distelmeyer, auf dem Cover Ihres neuen Albums „Gefühlte Wahrheiten“ ist Hieronymus Boschs „Die Schöpfung der Welt“ zu sehen. Zynisch könnte man sagen: Schöner als dort ist die Welt nie gewesen. Es gibt noch keine Menschen.

Jochen Distelmeyer: Aber diese creation ist von Bosch sehr farblos gehalten. Die wirkliche Schönheit zeigt sich erst, wenn sich die Flügel dieses Triptychons öffnen – und jetzt auch, wenn man das Cover meines Doppelalbums aufklappt.

„Die Schöpfung der Welt“ bildet die Rückseite von „Der Garten der Lüste“.

In dem bekommt man den ganzen Reichtum menschlicher und tierischer Existenz präsentiert.

Woher kommt Ihre Affinität zu diesem Werk, das von links nach rechts den Weg vom Paradies durch den Garten der Lüste in die Hölle beschreibt?

Das ist nicht gesagt, dass sich diese Linearität von links nach rechts ergibt. Es gibt ja andere Lesarten zu dem Bild. Ich finde diese mittlere Darstellung von Menschen und Tieren und Zwischenwesen, von sexueller Begierde als Erfahrungsmöglichkeit einer, wenn man so will, pantheistischen Spiritualität sehr modern und richtig. Ähnlich versucht das Album unseren inneren Empfindungsreichtum abzubilden, zu besingen, zu bespielen.

„Die Menschen in den Straßen (...) fühlen nach Vorschrift, sie (...) hassen still vor sich hin, so lang bis ihnen jemand sagt: Wohin mit dem Hass?“, haben Sie 2009 gesungen. Das klingt heute wie eine Vorausahnung der Verschwörungstheorie-Bewegung.

Klar. In der Hinsicht finde ich auch das Album-Cover ganz treffend.Und lustig. Bosch zeigt dort die Erde als Scheibe. Vor 500 Jahren war die Flatearth-Theorie populär-wissenschaftliche Doktrin, obwohl gebildetere Stände längst von der Erde als Kugel ausgingen. Das schwingt da mit und wird in Zurück zu mir ja auch direkt angesprochen. Aber eben als Angst-induzierte Massenbewegung der sogenannten Mehrheitsgesellschaft.

In diesem Song heißt es: „Nicht nur Nazis suchen Heil in der Zerstörung, kommt mir vor, als wären sie Teil einer Verschwörung.“ Sollte man die Verschwörungstheoretiker mit ihren eigenen rhetorischen Waffen schlagen?

Nein. Ich vertraue darauf, dass die Wahrheit sich am Ende durchsetzen wird. Und hoffe, dass das nicht mit Gewalt verbunden sein muss.

Etwas später im Lied singen Sie: „Wenn man den Zahlen glaubt, hilft nur noch beten.“

Ja, und oft sagen die Zahlen ja auch das Gegenteil von dem, was die Leute in ihnen sehen. Auch das ist dann möglicherweise ein Grund zu beten. Das Glück steht ja immer gegen die Zahl, es entzieht sich jeder Berechenbarkeit und kann nicht geplant werden. Es fällt einem zu. Geschieht. Anstelle des Glücks ist in den modernen Gesellschaften der Erfolg getreten, der ganz in der Zahl aufgeht. In Bilanzen, Gewinnermittlungen und Klickraten. Auch darin äußert sich eine angstvolle und am Ende lebensfeindliche Controllermentalität.

Zur Person

Jochen Distelmeyer wurde 1967 in Bielefeld geboren, 1988 führte ihn sein Zivildienst nach Hamburg. Zwischen 1992 und 2006 veröffentlichte er mit der Band Blumfeld sechs Alben, darunter L’etat et moi und Testament der Angst. 2009 erschien sein erstes Solo-Album Heavy. Website: jochendistelmeyer.de

Auf „Gefühlte Wahrheiten“ erinnert Ihr Gesangsstil an US-amerikanische Künstler, wie Stevie Wonder, Michael Jackson oder auch Bob Dylan. Ist dieser Variantenreichtum bewusst erarbeitet?

Bewusst nicht. Ich höre nur über einen längeren Zeitraum Lieblingsplatten und lass die Musik wirken, denke nach über die genannten Künstler. Zuletzt auch über viele, die 2016 verstorben sind. Neben Leonard Cohen vermisse ich Prince zum Beispiel am meisten. An Bob Dylan habe ich weniger gedacht, aber das istsicher zutreffend, in a way. Auch wenn er auf Alben, wo er meint, wie Frank Sinatra singen zu können, einer erstaunlichen Fehleinschätzung unterliegt, ist er natürlich ein großer Sänger. Viel besser als Sinatra. Das wird häufig unterschätzt. Er hat eine Rhythmisierung und Phrasierungen eingeführt, ohne die es John Lennon, ab einer bestimmten Phase, oder Leute wie Liam Gallagher als Sänger gar nicht gäbe.

Trotzdem habe ich mich bei Ihrem Song „Tanz mit mir“ gefragt: Ist das nicht schon „kulturelle Aneignung“, zum Beispiel in Bezug auf Michael Jacksons „Get on the Floor“.

Also, ohne dass es den Begriff „cultural appropriation“ früher gegeben hätte … ich habe Ende der 80er, Anfang der 90er eigentlich ausschließlich Hip-Hop gehört. Und vieles von dem, was auf Ich-Maschine und L’etat et moi zu hören ist, hat sich aus meiner Auseinandersetzung mit Hip-Hop ergeben. Es stand aber nie zur Debatte, selber Hip-Hop zu machen. Ich hatte das Gefühl: Nein, das steht mir nicht zu. Warum auch? Bei ganz anderen historischen und sozialen Hintergründen begreife ich die Art, wie ich damals geschrieben und vorgetragen habe, als Ausdruck einer inneren Verbundenheit. Nicht nur zu den von mir verehrten Hip-Hop-Künstlern, sondern auch in Verwandtschaft zu Woody Guthrie, Bob Dylan, Mark E. Smith oder Franz Josef Degenhardt. Leute, die was zu sagen haben und sich dafür Zeit nehmen. Diese Verbundenheit ist ja das, was wir in der Beschäftigung mit Musik oder Kunst generell suchen. Wenn ich zum Beispiel Ella Fitzgerald oder Marvin Gaye höre oder ein Bild von David Hockney betrachte, nehme ich durch die Rezeption der künstlerischen Werke Kontakt mit ihnen auf, mit dem ganz konkreten Menschen „dahinter“. Das ist ja der eigentliche Transfer, wenn man so will. Und das ist das, was ich anbiete.

Offenbar gibt es da eine Grauzone, die verunsichert. Zum Beispiel überlegt der Pianist Igor Levit in seinem Buch „Hauskonzert“, ob es kulturelle Aneignung wäre, wenn er „Amazing Grace“ spielen würde. Ist Aneignung okay, wenn die Motivation stimmt?

Dass er darüber nachdenkt, ehrt ihn. Ob es die richtige Motivation sein muss, weiß ich nicht. Ich würde mir eher Gedanken darüber machen, wie ich etwas spiele und ob ich selber etwas damit verbinde. Dadurch klärt sich schon viel.

Eingebetteter Medieninhalt

Das wäre zu wünschen.

Ja, ich glaube, die Leute wissen grundsätzlich schon sehr genau, was richtig und was falsch ist. Auch Leute, die das Falsche tun, wissen das. Für manche liegt sogar ein gewisser Genuss darin. Bei den Debatten zum Schlagwort „Empathie“ ist mir das aufgefallen. Da habe ich immer gedacht: Das ist doch eine Verdrehung des Begriffs. Jeder Folterknecht ist empathisch, sonst könnte er nicht wissen, dass er anderen wehtut, ihnen Schmerz zufügt und selbst dadurch Lust empfinden. Empathie meint erstmal nur Einfühlungsvermögen. Wenn ich wirklich mit-fühle, also das Leid des anderen teile, es ebenso empfinde, will ich alles tun, dass es aufhört. So wie sich, wenn ich mich für jemanden freue, eine andere Art des Mitseins ergibt.

1991, im Jahr der ersten Blumfeld-Single, gab es unter den zehn meistverkauften Alben nur ein deutschsprachiges: „Live“ von Westernhagen. Jetzt, Mitte Juni 2022, sind allein in den Top 5 schon Rammstein, Hansi Hinterseer und Schandmaul vertreten. War es auch ein rebellischer Akt gegen diese Akzeptanz des Deutschen im Mainstream, jetzt auf dem neuen Album auch drei eigene englische Songs zu veröffentlichen?

Diese Songs sind vor drei, vier Jahren in kurzer Zeit entstanden, als ich überlegt hatte, im Stil amerikanischer Trap-Künstler ein englischsprachiges Country-Mixtape herauszubringen. Der Gedanke an einen fremdsprachigen Kontrapunkt zur hiesigen Musiklandschaft hat mich natürlich auch gereizt. Aber die Hauptfragestellung hinter der Idee war eine andere: Warum taucht zu einem bestimmten Zeitpunkt – via Taylor Swift und anderen – Country wieder verstärkt im US-Mainstream auf? Was unterscheidet Countrymusik signifikant von anderen Musikformen, die sich aus dem Blues entwickelt haben? Während der Bluessänger den Gospelchor verlässt und allein sein Leid besingt, bleibt der Countrymusiker der Gemeinde treu und spielt zum Tanz auf. In den USA nach 9/11 und Bankencrash ging es kulturell um die Frage: Wer sind wir eigentlich? Noch God’s Own Country oder nur ein verpufftes Traumgebilde, das wir uns und der ganzen Welt erzählt und damit über unsere Brutalität und strukturelle Ostblockhaftigkeit hinweggetäuscht haben? Was war noch mal Männlein/Weiblein, Liebe, Familie, Nation? Davon handelt dann die amerikanische Serienkultur. Und ein paar Jahre später wird diese Fragestellung von der wahlberechtigten Mehrheitsgesellschaft mit Donald Trump beantwortet.

Zur Begriffsklärung: „Trap“ ist ein Hip-Hop-Genre, das sich in den 90ern in den Südstaaten entwickelte. Ein Stilmittel ist die musikalische Basis aus verlangsamt abgespielten Teilen eines bestehenden Songs im Kontrast zu einer markanten, schnell gespielten Hi-Hat.

Ja, Trap ist quasi der Punk-Rock des Hip-Hop. Man muss nicht mehr elaboriert rappen können. Es reicht, wenn es immer dieselbe Hi-Hat ist. Unsere Eltern hätten gesagt: Das klingt ja alles gleich! Ja, aber da wird es ja eigentlich interessant. Es ist also eine Punk-Attitüde. Gepaart mit konsumaffiner Aufsteigermentalität. Aber das, was erzählt wird und wie, kommt vom Blues. Als dann Lil Nas X mit Old Town Road um die Ecke kam und Country mit Trap quasi vermählte, dachte ich nur: „Wie geil! Muss ich mich nicht mehr drum kümmern.“

Eine letzte Frage ...

Yes, sure.

Gerade wird wieder über die Rückkehr des Zivildienstes diskutiert. Haben Sie als ehemaliger Zivi eine Position dazu?

Ach, das wird diskutiert? Hab’ ich gar nicht mitbekommen. Ich fand den Zivildienst damals gut, es war eine wichtige Erfahrung für mich. Ich weiß nicht vor welchem Hintergrund das jetzt diskutiert wird.

Zum einen ist das wohl die zwangsläufige Konsequenz aus der durch den Ukraine-Krieg wieder aufgetauchten Wehrpflicht-Debatte. Und zur Bekämpfung des Pflegenotstands käme der Zivildienst sicher auch ganz gelegen.

Wenn das der Hintergrund ist, dann sollten sie den Leuten lieber mehr bezahlen, die professionell ausgebildet sind, in der Pflege zu arbeiten. Aber ansonsten: Klar! Es ist immer gut, die Erfahrung zu machen, jemandem, den man nicht kennt, bewusst zu helfen.

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.

Solidaritätsentzug | Labour-Chef Starmer lässt die Streikwelle an sich abprallen
30 Juni 2022 - Peter Stäuber
Solidaritätsentzug | Labour-Chef Starmer lässt die Streikwelle an sich abprallen
Die britischen Gewerkschaften finden derzeit in der Arbeiterpartei keinen Rückhalt mehr Labour-Chef Starmer lässt die Streikwelle an sich abprallen

Anfang 2020 ging ein Video durch die sozialen Medien, das die Herzen der britischen Linken höherschlagen ließ. Keir Starmer, der aussichtsreichste Kandidat für die Nachfolge von Labour-Chef Jeremy Corbyn, wurde vier Minuten lang als Held der Arbeiterbewegung gefeiert. Gewerkschafter, Anti-Rassismus-Aktivisten und Opfer von Polizeigewalt bezeugten, wie sich Starmer selbst- und pausenlos für sie eingesetzt habe – als Strafverteidiger und Politiker. Er stehe „Seite an Seite mit den Gewerkschaften“, gelobte Starmer. Monate später wurde er zum Parteivorsitzenden gewählt, nicht zuletzt dank der Stimmen vieler linker Mitglieder, die ihm geglaubt hatten.

Das ist alles lange her. Der heutige Starmer scheint von der Arbeiterbewegung geradezu angeekelt zu sein. In der vergangenen Woche, einen Tag bevor der größte Bahnstreik seit drei Jahrzehnten begann, meinte er: „Wir wollen nicht, dass diese Streiks stattfinden.“ Er gab sogar die Weisung heraus, dass kein Mitglied des Schattenkabinetts bei Solidaritätsmeetings auftauchen darf. Kurz darauf legte sein Schattenaußenminister David Lammy nach. Auf die Frage, ob er die Streiks der Check-in-Angestellten am Flughafen Heathrow unterstütze, hörte man: „Nein. Das ist ein kategorisches Nein.“ Wer sich seriös darauf vorbereite, Regierung zu sein, unterstütze keine Arbeitsniederlegung. „Eine verantwortungsvolle Regierungspartei geht nicht auf Streikposten.“

Die Wandlungsfähigkeit Keir Starmers ist hinlänglich bekannt. Er hat seit Beginn seiner Amtszeit eine Kehrtwende vollzogen, wie man sie in der Labour-Partei schon lange nicht mehr gesehen hat. Aus dem lautstarken Fürsprecher progressiver Politik ist ein strammer Vertreter des rechten Flügels geworden. Starmer tut alles dafür, das Erbe seines Vorgängers Corbyn vergessen zu machen.

„Seit dem Schrecken der letzten Parlamentswahl 2019 haben wir die Ärmel hochgekrempelt“, so Starmer. Unter seiner Führung sei Labour ein „felsenfester Anhänger“ der NATO geworden, zudem habe die Partei eine neue Beziehung zur Unternehmenswelt aufgebaut, dazu „unmögliche und unbezahlbare“ Vorhaben über Bord geworfen. Das habe Labour zu einer „glaubwürdigen Opposition“ gemacht. Zu dieser Glaubwürdigkeit gehört offenbar auch die Distanz zur Arbeiterbewegung. Was sich als schwere Fehlkalkulation herausstellen könnte. Zum einen sind die Gewerkschaften nicht einfach einer von vielen Interessenvertretern, dem Labour nach Belieben Gehör schenken kann. Die Partei wurde einst zu dem Zweck gegründet, der Arbeiterschaft eine Vertretung im Parlament zu geben – daher auch ihr Name. Zwölf der knapp 50 Gewerkschaften in Großbritannien sind der Partei angegliedert und zahlen ihr einen jährlichen Mitgliedsbeitrag.

Verlust an Glaubwürdigkeit

Aber es gibt keinen bedingungslosen Beistand. Der Rechtskurs unter Starmer hat das Verhältnis zu den Gewerkschaften empfindlich abgekühlt: Unite, zweitgrößte britische Einzelgewerkschaft, hat die jährliche Abgabe von gut einer Million Pfund bereits Ende 2020 um zehn Prozent gekürzt. Die CWU, die Angestellte in der Kommunikationsbranche vertritt, hat im November entschieden, außer dem Labour-Mitgliedsbeitrag keine weiteren Finanzmittel zur Verfügung zu stellen. Und die Bäcker-Gewerkschaft hat die Anbindung an Labour gerade erst ganz gekappt.

Aber es geht nicht nur um Geld: Labour droht mit einer dezidierten Streikfeindlichkeit zunehmend an der britischen Bevölkerung vorbeizureden. Derzeit erlebt das Land eine Welle von Arbeitskämpfen. Mit einigem guten Willen lässt sich ein Wiederaufleben der über Jahrzehnte geschwächten Arbeiterbewegung erkennen. Immer mehr Lohnabhängige wollen nicht fortgesetzt in Kauf nehmen, dass ihr Lebensstandard infolge von Pandemie und Inflation sinkt, während große Konzerne saftige Gewinne schreiben. Diese Woche sind die Anwälte in den Ausstand getreten, bald wird das Flughafenpersonal in Heathrow die Arbeit niederlegen. In mehreren Gewerkschaften sind Urabstimmungen im Gang, sodass bald schon Lehrer, Callcenter, Gesundheitsmitarbeiter und Postbeamte streiken könnten. Eine Labour-Partei, die in solcher Lage nicht auf der Seite der Gewerkschaften steht, droht viel Reputation zu verlieren.

Lesen Sie mehr in der aktuellen Ausgabe des Freitag.

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