Denkanstoß des Tages – 80 Jahre und das Feindbild bleibt das Gleiche

© Anton Maksimow juvnsky by unsplash.com
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Update am 20. April 2022: Manchmal ist es schwer zu ertragen, wenn die Herrschenden ein Volk so manipulieren können, dass es selbst gegen die eigene Seele Dinge zulässt, die sich mit dem logischen Menschenverstand und humanistischen Grundgedanken nicht vereinbaren lassen.

Die Unverträglichkeit des russischen Angriffskrieg gegen ein Brudervolk lässt mich angesichts der nachfolgenden Liedzeilen aus friedlicheren Zeit sprachlos zurück.

Und doch soll dieser Text stehen bleiben als Mahnung an die Stimme der Vernunft.

Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Meinst du,
die Russen wollen Krieg?
Ich frage dich, für welchen Sieg?
Den russischen Soldaten frag,
er liegt dort wo er sterbend lag.
Und was des Volkes Wohlstand wär,
sie geben’s mehr als sechzig Jahre her.
Die Russen brauchen keinen Sieg.
Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Meinst du,
die Russen wollen Krieg?
Ich seh, wenn ich nach Moskau flieg,
die vielen alten Frauen allein,
die wollten Weib und Mütter sein.
Ich denk an Mädchen als Soldat,
und nie vergeß ich Leningrad.
Die Russen brauchen keinen Sieg.
Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Meinst du, die Russen wollen Krieg?
Frag, wann der Rauch da tödlich stieg!
Millionen Hektar abgebrannt,
den Galgen sieh, wo Soja stand.
Ich kenn den Weg zum Ladoga,
für Kinder steht ein Denkmal da.
Die Russen weinten nach dem Sieg,
meinst du, die Russen wollen Krieg?

Meinst du, die Russen wollen Krieg?
Die Russen haben doch Verstand.
Sie haben einen Krieg gehabt,
viel tiefer, als ihr jemals grabt.
In Stalingrad fiel jede Wand –
für wen schrieb Tanjas Kinderhand?
Für Waffen gibts heut keinen Sieg.
Meinst du, die Russen wollen Krieg?

Titelzeile: nach Jewgeni Jewtuschenko
© Text von Gisela Steineckert (*1931)
Webseite http://www.gisela-steineckert.info

Foto: Anton Maksimow juvnsky by unsplash.com