Dem subtilen Angriff des GIDAISMUS von Rechtsaußen etwas entgegensetzen!

12.01.2015 - Leipzig sagt: nolegida
12.01.2015 - Leipzig sagt: nolegida

Pegida war der Anfang. Mittlerweile entwickelten sich eine große Zahl an nationalen und internationalen (Kopenhagen, Antwerpen) Ableger, die unter dem Slogan der Angst vor einer Islamisierung des Abendlandes eine große und immer größer werdende Masse an Mitläufern um sich schart.

Die Töne, die ich zumindest hier in Leipzig wahrnehme, werden schärfer und lauter. In Leipzig wird mittlerweile durch die Legida-Mitläufer offene Gewalt gegenüber Journalisten und Gegendemonstranten ausgeübt unter den verschlossenen Augen der Gesetzeshüter im Kampfanzug.

Parallel dazu versuchen um die Wählergunst heischende Politiker wie Sachsens Ministerpräsident Tillich und Vizekanzler Gabriel den Sorgen hinter dem fremdenfeindlichen Getöse ein offenes Ohr zu schenken. In abgeschirmter und ausgesuchter Umgebung lassen sich diese beiden und noch ein paar andere Politikunverdrossene als Basisdemokraten feiern. Aber, haben sich diese Asse des politischen Geschäfts mal mit den Hintergründen und Hintermännern der Gidaisten beschäftigt?

Scheinbar gehen an ihnen die Betrachtungen wie von Michael Lühmann oder vom Berliner Historiker Heinrich August Winkler vorbei oder die Selbstverliebtheit und damit verbundene Oberflächlichkeit ignoriert das dort geschriebene.

Die Gründungsväter der Gidaistenbewegung kommen aus dem rechten Lager und haben auf ganz subtile Art geschafft, was NPD & Co auf dem offiziellen parlamentarischen Weg in den letzten Jahren – bis auf Sachsen und Brandenburg – vergebens versuchten. Die Massenhysterie, die mit dem Gidaismus verbreitet wird, knüpft mehr denn zuvor an die allgemeinen Bedürfnisse nach Sicherheit und Stabilität an. Diese beiden gesellschaftsrelevanten Faktoren, nach denen sich ein überwiegender Teil der Bevölkerung sehnt, scheinen gefährdet zu sein. Vielleicht noch nicht im deutschen Abendlande, aber ringsherum rumort es. Frankreich, Belgien, Schweden, Niederlande, Dänemark – überall dort fanden aktuell oder in den letzten Jahren Angriffe von fanatischen, dem Islam eingeschworenen Terroristen statt. Mit wohlgemerkt tödliche Ausgang. Und selbst hier treiben Terrorschärgen ihr konspiratives Unwesen. Bislang glücklicherweise von den Sicherheitsorganen aufgedeckt und gestoppt. Dass diese Fanatiker den aktuellen fremdenfeindlichen Rattenfängern nur zu spielen bzw. die Ereignisse von den Gidaisten ausgenutzt und missbraucht wird, scheint offensichtlich. Aber, es scheint nur: Denn wenn 25.000 Dresdner oder andernorts zusammen ebenfalls nochmal so viele Menschen auf die Straße gehen, dann trügt der offensichtliche Schein. Dann ist der Buhmann schnell ausgemacht, wenn er dem Mann und der Frau auf der Straße ins Gesicht gehalten wird. Volker Pispers bringt es auf den Punkt: „Pegida hatte es aber auch sehr leicht. Die Migranten sind schuld, das ist gute deutsche Tradition! Und Juden sind halt nicht mehr genug da.“ Da stimmt das Fremdfeindbild wieder.

Und solange wir die Menschen hinter der weiß-rot-schwarzen Flagge hinterher laufen lassen, werden sich die Ansichten auch nicht ändern. Auch Gabriel, Tillich und Co werden durch Zuhören nichts ändern. Denn die Probleme sind bekannt. Die Schere zwischen Arm und Reich wird immer größer. Es betrifft mittlerweile schon die Mittelschicht, die sich bislang mehr leisten konnte als Hartz IV Empfänger und nun zusammen zusehen müssen, wie der arme Asylant mit teuren Smartphones am Ohr, schicken Klamotten am Leib und prall gefüllten Einkaufstaschen im dicken Mercedes an den armen Mittelschichtlern vorbeicruist. Auch das Klischee stimmt und noch mehr kommen hinzu, wenn ich nur diesen Ausschnitt aus dem Alltag des deutschen Elends betrachten will. Die gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten sind es, die die Menschen auf die Straße treibt und hinter ausländerfeindlichen Parolen á la 33 herziehen lässt.

Doch Schuld sind nicht die Anderen: die Fremden. Schuld sind auch nicht die rechten Rattenfänger. Schuld ist auch nicht die Regierung, der Staat. Schuld ist jeder selbst! Wie hoch war denn die Wahlbeteiligung zur Bundestagswahl, zur Sachsenwahl, zur Brandenburgwahl, zur Thüringenwahl? Wer liest den mehr als nur die bildhaften Schlagzeilenauszüge regierungsgesteuerter Medien von den Wahlprogrammen. Eigentlich steht dort Schwarz auf Weiß, was die eine oder andere Partei in der kommenden Wahlperiode erreichen will. Wer fragt nach, was aus den wohlformulierten Zielen wurde und warum konkret der Kindergartenplatz nicht um die Ecke liegt bzw. der Straßenbahnschein immer teurer wird. Wer haut denn auf den Putz, wenn sich Politiker über die Meinung der Bevölkerung hinweg an Kriegseinsätzen gegen islamische Gesellschaften beteiligt? Warum sind die gleichen Menschen nicht auf der Straße gewesen, als deutsche Soldaten in Afghanistan einmarschierten und damit den heiligen Krieg auch nach Deutschland brachten.

Karikaturen sind nur die letzte Spitze, die die verletzte Seele einer gebeutelten Religion zum Weinen brachte. Blut floss vorher und ließ Menschen aus Verzweiflung in die Arme fundamentaler Gewalttäter laufen oder vor diesen in die scheinbar schützenden Arme des Westens fliehen.

Und nun sind sie hier: Die einen sind auf Rache aus mit der Kalaschnikow in der Hand und die anderen flüchten mit nichts in der Hand. Was erleben die Flüchtlinge hier: Einerseits treffen sie die gleichen Fundamentalisten, die sie in die Flucht getrieben haben hier wieder. Andererseits sind die eigentlich Schuldigen – die westen Staaten – nicht bereit, diese Schuld an den Vertriebenen in Würde und Achtung auf sich zu nehmen und zu helfen. Nein, der mit der Gesamtsituation unzufriedene „Gutbürger“ folgt irgendwelchen Gidaisten, die von rechten Propagandisten ferngesteuert werden. Der „Gutbürger“ brüllt seine eigene Unzufriedenheit über verpasste und nicht selbstgestaltete Zukunftschancen dem Flüchtling ins Gesicht. Dies in aller Weltöffentlichkeit! Angesichts von 70 Jahren Befreiung vom Konzentrationslager Auschwitz und baldigen 70 Jahren Befreiung vom Faschismus ist das für „Wir sind das Volk“ eine der größten Schanden, die wir tragen, ja ertragen müssen.

Es kann sich niemand angesichts von der aktuellen Verfügbarkeit von Informationen mehr verstecken und sagen, er habe nicht gewusst, wer eigentlich hinter den Gidaisten stecke. Das haben die Amerikaner schon 1945 den Bürgern von Weimar nicht geglaubt, dass diese von einem KZ vor der Haustür nichts gewusst hätten. Noch fehlen uns die vorzeigbaren Beispiele, wohin diese Bewegung führt. Noch können wir die Mitläufer nicht an Trümmerhaufen und Leichenbergen vorbeiführen. Diese sind zum Glück nicht hier aufgetürmt, sondern in Afghanistan, Syrien, Mali, Nigeria, Jemen, Libyen, Ägypten, Kurdistan, Palästina …

Es wird Zeit, wieder nachzudenken, einander zuzuhören und selbst zu handeln. Jeder für sich und alle zusammen. Denn es scheint die Zeit reif zu sein, die friedliche Revolution des Ostens als gesamtdeutsches und europäisches Projekt fortzuführen und zu einem Erfolg zu führen. Mit Ausländern, die um viel schlechtere Situationen wissen! Mit unseren Nachbarn, die auch unter dem Druck der sich verschlechternden gesellschaftspolitischen Lagen leiden. Jetzt die klugen Gedanken zusammennehmen, sie aufnehmen und sich motivieren, um die gesellschaftliche Wende für alle zu gestalten.