Der Terror von Nizza

Frankreich kommt nicht zur Ruhe. Europa kommt nicht zur Ruhe. Der Westen kommt nicht zur. Die Welt ist im Aufruhr.

Wieder starben unschuldig Menschen in Frankreich, in Nizza. Wieder sitzt der Terrorismus am Steuer diese Anschlags. Am Nationalfeiertag der Franzosen, an dem sich die Franzosen an den Sturm auf die Bastille am 14. Juli 1789 erinnern wollen. Ausgelassen, fröhlich. In Familie, mit ihren Kindern.

Und genau in diese Stimmung lenkt ein vermutlicher Anhänger der IS-Terrors einen tonnenschweren LKW in die Menschen, die sich das Feuerwerk auf der Promenade des Anglais in Nizza anschauen. Schießt um sich. Tötet Kinder. Tötet Eltern und Großeltern. Nimmt bewusst den eigenen Tod in Kauf. Warum?Der Mörder wird es nicht mehr erzählen. Die Polizei und Geheimdienste werden nur den oberflächlichen Ansatz aufklären. Bekennerschreiben werden nur ihren Hass zum Ausdruck bringen können.
Die Familien der Opfer von Nizza, von Brüssel, von Paris werden mit ihrer ganz persönlichen Trauer allein umgehen müssen. Unser Mitgefühl haben sie. Doch wird es reichen?

Der Anschlag zeigt, dass die besten Sicherheitsmaßnahmen nicht vor solchen Tagen des Terrors schützen können. Ausnahmezustand wie in Frankreich, der nochmals verlängert wird, schafft zusätzlich eine Stimmung der Angst. Mit Maschinenpistolen bewaffnete Sicherheitskräfte verdeutlichen die Angst. Sie werden wie in Nizza nicht zur Stelle sein, wenn es den nächsten Anschlag geben wird.

Der Terrorismusexperte Peter Neumann vom Londoner Kings College sagte heute Morgen im Deutschlandfunk, dass die jungen Menschen, aus unseren Reihen kommen. Sie sind lange in Europa lebende oder auch hier geborene junge Menschen oft mit Migrationshintergrund. Diese jungen Menschen kämen nach seiner Analyse aus perspektivlosen Schichten. Sie seien nicht mit den Privilegien der meisten westlichen Europäer beglückt worden. Wenig Bildungsförderung, kaum Arbeitsplatzchancen, wenig soziale Kontakte zur allgemeinen Gesellschaft durch due Ausgrenzung. Die Mörder sind also keine Fremden. Sie kommen aus unserer Gesellschaft, nicht aus der Mitte, sondern vom Rand unserer so zivilisierten Gesellschaft. Menschen, den wir die Chancen nehmen, ein gutes und zufriedenes Leben zu führen. Also ein gefundenes Opfer für fanatische Religionsdemagogen, denen es nicht mehr um den „gerechten Krieg“ im Namen irgendeines Gottes geht, sondern um die Ausweitung von Macht und Einfluss.

Und der Westen, also wir geben weiterhin den Anlass dafür. Nicht nur, dass wir ganzen Menschgruppen vom gesellschaftlichen Leben bewusst ausgrenzen, weil sie anders aussehen, sich anders bewegen, andere kulturelle Bräuche pflegen. Nein, wir sorgen nicht nur hier auf unserer Insel Europa für ein unwürdiges Leben, sondern sorgen mit weiter steigenden Waffenverkäufen für ein kontinuierliches Weitermorden in den Krisengebieten dieser Welt. Liest man Bücher von Jürgen Todenhöfer oder Michael Lüders oder Peter Scholl-Latur, also Leuten mit einer Orts- und Kulturkenntnis ohne Gleichen, glaubt man den beschriebenen Bildern des Grauens in den Kriegsregionen eigentlich nicht. Diese Gräulschilderungen decken sich mit Bildern oder Beschreibungen von Geflüchteten. Sie verdeutlichen, was dort unten mit unserer Technologie geschieht. Der Schauplatz des Terrors ist nicht Nizza, ist nicht Brüssel, ist nicht Paris. Es sind Amtsstuben der Parlamentarier und Staatssekretäre, Minister und Regierungschefs die mit Waffenlobby immer neue Deals im Namen der Freiheit der westlichen Welt aushandeln. Es sind Genau diese Amts- und sogenannten Volksvertreter, die unsere Agrar- und Industriewaren minderer Qualität zu Euro-Subventionspreisen in die Länder der dritten Welt unter dem Hinweis der humanitären Hilfe exportieren, sorgen dort dafür, dass sich kein regionaler Markt entwickeln kann, heimische Arbeitsplätze geschaffen werden, Unternehmer investieren, eine regionale Infrastruktur entsteht. Voraussetzungen für ein funktionierendes Gesundheits- und Bildungssystem. Grundlagen für eine Perspektive der Menschen in diesen Ländern der dritten Welt, unseren ehemaligen Kolonialgebieten.

Es hängt also ein bisschen mehr an einer Todesfahrt von Nizza. Unschuldige Menschen sterben, weil sie zwischen als Opfer den Demagogen, Kriegstreibern, Heuchlern und Gierhälsen dieser globalen Welt für deren Zwecke dienen.

Dieses System funktioniert nur solange noch so gut, wie wir es zulassen. Die Änderungen haben wir selbst in der Hand. Im Kleinen, wenn wir uns jedem Nachbarn aufgeschlossen und solidarisch gegenüber verhalten. Und im Großen, wenn wir am Wahltag den Parteien unsere Stimme geben, die sich bewusst mit Alternativen gegen Kriege und deren Ursachen stellen.

Doch bis dahin trauern wir um die Opfer von Anschlägen wie in Nizza, in Brüssel und in Paris. Vergessen nicht die Toten und Verletzten. Sind jedoch in deren Gedenken wachsam für die gesellschaftlichen Entwicklungen und gestalten diese mit für eine optimistischere Welt von morgen für unsere Kinder und die Kinder unserer Nachbarn.