Denkanstoß des Tages – Lost Peace – Der verlorene Frieden für die Menschen

Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_wei%C3%9Fe_Friedenstaube
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kleine_wei%C3%9Fe_Friedenstaube

Mitten im Kurzurlaub, nicht überraschend und doch für den Zeitpunkt unerwartet: In den frühen Morgenstunden des 24. Februar 2022 beginnt Russland auf Anordnung von Präsident Wladimir Putin mit einem breit angelegten Angriff auf die benachbarte Ukraine. Dort, in Karlovy Vary, wo sich gefühlt über die Hälfte der Touristen und Immobilienbesitzer aus Russland rekrutieren, kommt es zu dieser Nachricht. Im Abreisemodus entsteht ein Chat mit einem engen Freund. Ein junger Mann, 25, im Alter meines Sohns, Student der Politikwissenschaften. Wir reiben uns gern an Themen über den Kapitalismus, das Wettrüsten, die NATO, soziale Gerechtigkeit. Es ist mir wichtig, den Inhalt so wiederzugeben. So treffen unterschiedliche Sichtweisen aufeinander.
[Zur Erklärung spielt es auch eine Rolle, dass ich kaum Zeit hatte, mit einer festen Recherche antworten zu können, da ich die Tage nur unterwegs war und wir den Chat sehr sporadisch führten und das ausschließlich per Smartphone (ich bin 58!).]
Umso mehr achte ich die Diskussionsfreude meines Gesprächspartners. Wir sind definitiv im Friedenswillen sehr beieinander, aber die Wege und Vorstellungen unterscheiden sich sehr. Leser:innen können sich ihr eigenes Bild machen. Und, wichtig: Selbst recherchieren. So kann man sich an ein objektiveres Meinungsbild zur Situation um die kriegerische Invasion Russlands besser annähern.

Er: Nun erzähl mir doch bitte noch mal, die USA würden nur irgendwas herbeireden, Putin würde auf Diplomatie setzen oder die NATO und der Schutz, den wir durch sie genießen, wäre überholt. und dann überleg mal, wie viel das ukrainische Volk heute dafür geben würde, mit in diesem „alten schwerfälligen Panzer“ zu sitzen.

Ich: Ich möchte eins voranstellen, bevor Missverständnisse entstehen: Der Überfall auf die Ukraine ist nicht zu rechtfertigen. Jegliche kriegerische Auseinandersetzung bedeutet das Versagen der Menschheit, nicht alles unternommen zu haben, um eine friedliche Lösung von Konflikten zu erreichen. Also, ich, Du und wir alle müssen uns fragen, was wir direkt gegen diesen Krieg nicht verhindert haben. Geben wir bitte nicht die Verantwortung an die Politiker:innen ab.

So, jetzt kommt ein Text, der an einen Aspekt der Ursache des Krieges erinnert:

„Seit 8 Jahren ist Krieg in der Ukraine. Gekümmert hat das hier fast keine Sau. Es sind mehr als 14.000 Menschen gestorben. Nach dem Staatsstreich 2014 hatten die ukrainische Regierung sowie die Strippenzieher in den USA acht Jahre lang Zeit, das Minsker Abkommen zu erfüllen. Daran bestand aber offensichtlich nie ein ernsthaftes Interesse, im Gegenteil beschießen und morden die Faschotruppen seither in der Ostukraine mit Unterstützung des Westens. Seit Monaten spitzt sich die Lage zu. Letzte Woche noch faselt der ukrainische Präsident sogar von Atomwaffen und seit Beginn der vergangenen Woche hat der Beschuss der beiden Volksrepubliken massiv zugenommen. Die russische Regierung hat alle möglichen diplomatischen Wege ausgeschöpft. Sie hat mehrfach angekündigt, dass sie die Angriffe auf die Zivilbevölkerung nicht länger hinnehmen wird. Es ist völlig nachvollziehbar, dass Russland nun versucht dem Krieg nach 8 Jahren endlich ein Ende zu bereiten. Was mich so fassungslos macht ist, dass hierzulande fast alle auf Linie der Kriegstreiber sind und sich jetzt einbinden lassen für deren Propaganda. Wobei das irgendwie auch zu erwarten war. Anstatt Bundeswehrstandpunkte zu blockieren und NATO Gerät unbrauchbar zu machen, stellen sich alle möglichen Grüppchen von links bis rechts in trauter Einheit hin, fordern Sanktionen und Waffenlieferungen und tun so als ob die Aggressionen von Russland ausgehen und Putin verrückt geworden wäre. Sind die Menschen dumm oder naiv, oder bin ich es vielleicht? ‚Wer die Wahrheit nicht weiß, der ist bloß ein Dummkopf. Aber wer sie weiß, und sie eine Lüge nennt, der ist ein Verbrecher!‘ sagte Brecht mal.“ (Quelle: Mike Nagler auf Facebook, https://www.facebook.com/1412882817/posts/10229835862266732/)

Aber, es ist nur ein Aspekt und rechtfertigt keine Invasion durch Russland.

Eine weitere Frage, die wir uns stellen müssen, ist: Warum haben wir seit der Wende ein derartiges Wettrüsten zugelassen. Denn, wem nützt es? Bitte komm nicht mit den Allgemeinplätzen von der westlichen Bedrohungspropaganda. Das nützt niemandem etwas. Waffen regeln keine Konflikte. Auch Sanktionen haben, seit ich mich bewusst für Politik interessiere, noch niemals den Kriegstreibern geschadet. Die hatten immer einen Plan B, um ihr Schäflein ins Trockene zu bringen. Es traf immer die Bürger:innen in den Staaten. Die mussten darunter leiden.

Wie das, was jetzt passiert ist, zu stoppen wäre, dazu bin ich überfragt, weil schockiert, weil auch die Politiker:innen und Militärs nur auf weitere Konfrontation setzen.

Zwei Tage vorher bei Facebook:

1. Kapitalismus bedeutet Krieg. Die Frage ist niemals ob, sondern lediglich, wann und wo.
2. Krieg ist nicht nur die schlechteste, sondern überhaupt keine Lösung.
DIE WAFFEN NIEDER!
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Er: Ich sehe ehrlich nicht, was wir hätten mehr machen können. Wir sind auf alle russischen Forderungen, die einigermaßen realistisch und erfüllbar gewesen wären, mit Gesprächsangeboten eingegangen. Mehr ging nicht, denn alles darüber hinaus wäre, nicht weniger als der Verrat an unseren Verbündeten im Osten und damit faktisch die Kapitulation und Auflösung der NATO gewesen. Oder um es mit einem Zitat von Helmut Kohl zu sagen: „Frieden um jeden Preis kann und darf es nicht geben.“

Bitte schick mir solche Texte wie in dem Link nicht mehr, es macht mich wirklich wütend und traurig sowas zu lesen, wie man unter diesen Umständen noch solche Schwachsinn und so einen Haufen Lügen von sich geben kann, wie derjenige der das geschrieben hat. Es ist einfach unbegreiflich, Russland startet eine völlig grundlose Invasion in der Ukraine und dieser Typ labert von „Strippenziehern“, „Faschotruppen“, dass die Ukraine Atomwaffen wolle, Russland sich diplomatisch bemüht hätte oder von „Kriegstreibern hierzulande“. Ich weiß nicht, ob das ein Bewerbungsschreiben für Russia Today sein soll. einfach krank.

Die Diplomatie ist leider am Ende, die einzige Möglichkeit ist jetzt, Russland den größtmöglichen wirtschaftlichen Schaden zuzufügen, die Ukraine darin zu unterstützen, ihr Land letztlich, wenn nötig auch in einem langwierigen Guerillakrieg zu verteidigen, und Russland nach außen hin so gut es geht für die nächsten Jahre einzudämmen und abzuschrecken. Und das wahrscheinlich so lange, wie Putin noch lebt und an der Macht ist.

Ich weiß nicht, ob du dich mal mit Putins Gedankenwelt auseinandergesetzt hast. Ich habe seit 2014 sehr viel von dem gelesen, natürlich in englischer Übersetzung, was er in dieser Zeit mündlich und schriftlich geäußert hat, auch kleine Randbemerkungen und sowas, das wenigste davon wurde hier medial großartig beachtet, dazu noch Bemerkungen von Diplomaten, die Jahre lang mit Russland verhandelt haben und daraus hat sich bei mir leider schon lange die Gewissheit herausgebildet, das mit diesem Mann und dieser russischen Regierung rational nicht mehr zu reden ist. Jedes Argument, das nicht militärischer Natur ist, interessiert Putin schon lange nicht mehr. Ihm geht es darum, an der Macht zu bleiben und seine Vorstellungen, die Wiederherstellung des russischen Zarenreiches in den Grenzen der Sowjetunion, mit einem erweiterten Machtbereich außen herum, um jeden Preis und mit Gewalt durchzusetzen und er ist von dieser Mission genauso überzeugt wie Hitler von seinem germanischen Großreich zu Beginn des 2. Weltkriegs. Putin mit rationalen Argumenten von diesem Vorhaben abzubringen, zum Beispiel, dass er die Wirtschaft seines Landes damit endgültig ruiniert oder dass er mit seinem aggressiven Verhalten erst recht bewirkt, dass noch mehr Länder, wie Schweden und Finnland, den Schutz der NATO suchen werden, ist absolut aussichtslos. Diese Tatsachen, das Russland kein rational agierender Akteur in der internationalen Politik mehr ist und nur noch die Sprache der militärischen Macht spricht und versteht, müssen einfach klar sein, wenn man über das heutige Russland redet. Ich weiß, dass das deinen politischen und moralischen Überzeugungen widerspricht, aber es ist einfach eine Tatsache, die nicht anzuerkennen naiv, träumerisch und zudem auch für uns im restlichen Europa brandgefährlich wäre. Nur massive militärische Abschreckung schützt uns jetzt noch vor einem noch größeren Krieg in Europa, sonst sprechen wir als Nächstes nicht mehr über einen Krieg in der Ukraine, sondern im Baltikum.

Ich: Bis zum Punkt der militärischen Abschreckung bin ich auf Deiner Seite hinsichtlich der Einschätzung Putins. Allein seine Trickserei, um zum „Dauerzaren“ zu werden, ist schrecklich und zeugt von einer kranken narzisstischen Persönlichkeit. Dem kranken Menschen ist alles egal.

Und jetzt mein ABER zur militärischen Abschreckung: Meinst Du, wir können einen dritten Weltkrieg riskieren? Dann sind wir wieder bei unserer Diskussion, ob es einen begrenzten Atomkrieg geben kann. Eindeutige Antwort: NEIN. Ein Atomschlag, und mit dieser Option spielen Biden und Putin im Schatten von Selenskyj, löst den nächsten als Schritt der „Selbstverteidigung“ aus.

Die NATO hat als Bündnis genauso versagt wie die EU. Es war nie Ziel, Demokratie und Frieden in und mit Russland als Teil Europas und der Welt herzustellen. Putin und die Oligarchen waren als Partner recht, solange die wirtschaftlichen und finanziellen Konstrukte auf der Welt in Ordnung waren.

Erinnere Dich bitte an das Interesse Trumps, sein dreckige Frackinggas abzusetzen. Da stand plötzlich Norstream 2 im Weg. Aber, das ist alles kein Grund, sich dermaßen gegen die Menschheit durch die kriegerische Invasion zu wenden.

Und noch eine Bemerkung: Eine Meinung als „Schwachsinn“ zu bezeichnen, ist das Ende jeder Diskussion. Nur, weil Du von Deinem Standpunkt aus die Welt betrachtest, musst Du nicht recht haben. Es gibt mehrere Seiten, von denen man aus diesen Krieg betrachten muss. Und auch meiner Meinung nach wären auf dem Maidan viele Faschisten unterwegs. Nach dem Maidan und dem Verjagen einer korrupten Oligarchen-Regierung ging der Krieg in den Separatistengebieten los. Es war der Ausgangspunkt für die Krim. Alle haben zugesehen, weil es so weit weg war wie Syrien. Jetzt grenzen NATO-Staaten direkt an das Krisen-/Kriegsgebiet und plötzlich springen alle im Fünfeck.

Ich danke Dir für die Diskussion, ich bin ausschließlich für Frieden ohne Wenn und Aber. Keine weitere Eskalation durch Säbelrasseln. Warum fliegen nicht Biden, Macron, Scholz, Stoltenberg … nach Kiew und halten dort als Schutzschild die Ideale von Europa oder der NATO hoch? Das wäre ein Zeichen.

Zwischendrin eine Nachricht an eine Freundin: Zwischen Schockstarre und Wut über das Versagen der Politik, den Frieden erhalten zu wollen. Wir bewegen uns am Rand eines dritten Weltkriegs und die NATO und die EU glauben, mit Sanktionen Putin in die Knie zu zwingen. Der alte, kranke Mann hat nichts zu verlieren. Er wird nicht zurückrudern, solange er nicht bekommt, was er will. Alle drohen und anstatt, dass sich Biden, Macron, Scholz und Stoltenberg dorthin begeben, stacheln sie mit ihren hohlen Fräsen das Kriegsgeschehen nur noch mehr an, machen den kleinen Kraftprotzen vom Kreml noch energischen. Warum reißt keiner von denen jetzt nach Kiew, denn dann kann keiner dort schießen. Das wäre auch Putin zu gefährlich. Und gleichzeitig kann von der Leyen nach Moskau reisen und Putin persönlich ins Gesicht rufen, dass dies ein „barbarische Angriff“ ist. Aus den gesicherten Bunkern heraus lässt es sich gut palavern und die kleinen Leute als Kanonenfutter verschwenden.

Sorry, ich bin so erschöpft, weil ich glaubte, dass es nach dem Zusammenbruch des Ostens nichts Schlimmeres mehr geben kann … Kuwait-Krieg 1 + 2, Irak-Krieg, Afghanistan-Krieg, Syrien-Krieg, Terror in Europa, Terror im Nahen Osten, Terror in Nordafrika, Rassismus in der ganzen Welt, Nazis in Deutschland und Europa und den USA, Demagogie und westliche Propaganda in den Medien, Volksverblendung und -ablenkung durch Facebook & Co, Bildungs- und Gesundheitssystem am Boden, Coronapandemie, nicht einmal 10 Prozent Impfrate weltweit und jetzt ein Krieg vor der Haustür. Das muss doch den Menschen zu denken geben, dass der übrig gebliebene Kapitalismus keine Lösungen für die dringendsten Fragen der Menschheit anbieten kann.

Entschuldige bitte für diese Gedanken zu nächtlicher Stunden.

Machen wir das Beste aus der Zeit, die uns noch bleibt. Die Vernunft hat verloren …

Trotzdem liebe Grüße und bis bald und hoffentlich nicht zwischen Trümmern.

Nicht mutlos, aber ohne Hoffnung.

Er: Das Problem ist, dass es Putin schlichtweg völlig egal ist, ob wir einen dritten Weltkrieg riskieren wollen oder nicht. Er würde ihn ohne zu zögern riskieren, wenn für ihn die Aussicht bestünde, dass er zum Beispiel das Baltikum im Handstreich nehmen und damit durchkommen könnte. Darum ist es für uns, für Europa, für unsere Freiheit und Demokratie einfach existenziell, dass wir ihm ganz klar zeigen, dass er aus so einem Konflikt unter allen Umständen als Verlierer hervorgehen würde und das geht leider nur noch mit glaubhafter, entschlossener Abschreckung, erst mal vor allem konventionell, aber wenn sich die Situation an der NATO-Außengrenze trotzdem ähnlich zuspitzen sollte wie vor der Ukraine-Invasion, dann auch nuklear.

Russland war mit seiner Historie, mit der besonders für viele osteuropäische Staaten sehr bittere Erfahrungen verknüpft sind, natürlich spätestens seitdem diese Staaten schrittweise in die EU und NATO aufgenommen wurden, nie eine ernsthafte Option für eine Aufnahme in EU oder NATO, das stimmt. Nichtsdestoweniger hätten weder EU noch NATO einer friedlichen Koexistenz nebeneinander im Weg gestanden. Es gab vertrauensbildende Maßnahmen, an die sich die NATO viele Jahre lang gehalten hat, auch wenn Russland dies mit der Zeit zunehmend nicht getan hat. Selbst eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit, bis hin zu einer gemeinsamen Freihandelszone, die die EU über die Jahre Russland x-fach angeboten hat auszuhandeln, wäre möglich gewesen. Das wollte Putin aber nicht und er wollte es aus seiner Sicht aus gutem Grund nicht, denn damit verbunden zu viel gesellschaftliche Offenheit und Freiheit hätte seine Regierung möglicherweise gefährdet. Putin hat anfangs tatsächlich versucht, das muss man ihm lassen, das korrupte oligarchische System in Russland aufzulösen und die russische Wirtschaft zu reformieren, es hat sich allerdings recht schnell gezeigt, dass beides seine Herrschaft sehr schnell beendet hätte. Er saß am Anfang noch nicht so fest im Sattel, dass er es mit der gesamten russischen Oligarchie auf einmal hätte aufnehmen können und er hat gemerkt, dass eine grundlegende Reform der russischen Wirtschaft zwar langfristig absolut notwendig, kurzfristig für die Bevölkerung allerdings so schmerzhafte Einschnitte bedeutet hätte, dass er das politisch nicht überlebt hätte (die größten und heftigsten Proteste während seiner Regierungszeit, die so nah an einen Volksaufstand herangeführt haben wie niemals zuvor oder danach, hat es gegeben, als er vor einigen Jahren gezwungenermaßen das Renteneintrittsalter ein Stück weit erhöht hat). Also entschied er sich letztlich dazu, das bisherige System nicht zu reformieren, sondern sich ihm anzupassen und als die wirtschaftliche Situation in Russland immer besorgniserregender wurde, brauchte er einen äußeren Feind, den er für alle, insbesondere selbst verschuldeten, Probleme Russlands verantwortlich machen konnte, und das war der Westen. Es gab damals gerade von US-Seite einige ungünstige Äußerungen, die ihm dabei die Arbeit noch erleichtert haben, das kann man schon sagen. Aber die grundsätzlich zunehmend feindselige Haltung ging von Russland aus und war als solche vollkommen vom Kreml gesteuert. Diese Form eine Wagenburgmentalität durch ein äußeres Feindbild in der eigenen Bevölkerung aufzubauen, ist übrigens ein absolut klassisches Motiv so gut wie jeder Autokratie.

Tut mir leid, aber über sowas wie das, was in diesem Link steht, diskutiere ich auch grundsätzlich nicht mehr. Wer im Zusammenhang mit der ukrainischen Regierung und Armee von „in der Ostukraine mordenden Faschogruppen“ spricht, für die es laut OSZE nicht einen einzigen Hinweis gegeben hat, und damit so unreflektiert und stumpfsinnig den längst als Lügen entlarvten russischen Propagandaunsinn wiedergibt (und da geht es nicht darum, dass es einzelne nationalistische Gruppierungen innerhalb der Maidan-Bewegung gab, das ist ein komplett anderes Thema), bei dem ist jede Form von Diskussionen und Argumentation vergebens. Und das ist nur ein Punkt von etlichen, bei denen in diesem Text offenkundig Falschinformationen verbreitet werden. Um es mal mit einem anderen Beispiel zu sagen, mit solchen Leuten zu diskutieren bringt genauso viel wie mit Holocaust-Leugner zu diskutieren, ob es den Holocaust gab.

Ich: Es ist sehr gefährlich, die andere Position zu den Ursachen der Ukraine-Krise mit Holocaust-Leugner in einen Topf zu werfen.

Es gibt auch aus anderen Quellen Belege für das Mittun der Faschisten 2013/2014. Die Krönung dabei ist das Zusammengehen von Klitschko mit diesen Leuten, um seine Macht zu errichten. (https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2014/Putsch-in-Kiew-Welche-Rolle-spielen-die-Faschisten,ukraine357.html)

Und es ist sehr wohl ein gemeinsames Thema. Denn schließlich nahm sich Putin in diesem Zusammenhang die Krim und spricht heute von der Beseitigung des faschistischen Regierungssystems. Der Westen hat dem nationalistisch/faschistischen Treiben damals nicht nur zugesehen, sondern es finanziert sowie anerkannt. Das sind Fakten, die Du abwiegeln oder bitte auch diese geschichtlichen Ereignisse in die Analyse des 24.02.2022 einbeziehen kannst. Es gibt nicht nur die NATO-Sicht auf die Dinge. Und jetzt wirklich für heute Abend abschließend: wenn wir uns nur mit unseren „Wahrheiten“ befassen und alles andere als „Schwachsinn“ abweisen, geraten wir schnell in die Dogma-Falle, werden unglaubwürdig und können damit in einer ernsthaften Diskussion nicht mehr ernst genommen werden. Es fehlt uns die Gabe, andere Meinungen anzuhören, zu überlegen, mit dem eigenen Wissen abzugleichen und ggf. zu schauen, ob es nicht wichtige Aspekte an den Gegenargumenten gibt, die zu einer ausgewogenen Sicht auf das zu erörternde Problem führen.

Er: Wie schon gesagt, ist die Situation, während der Maidan-Proteste ein völlig anderes Thema, dabei gab es solche Elemente, aber das ist gar nicht die Frage. In dem Text ist von „mordenden Faschogruppen in der Ostukraine“ die Rede, die es schlichtweg nie außerhalb der russischen Propaganda gegeben hat. Es ist ehrlich gesagt eine Schande, ukrainische Soldaten, die jahrelang in einem von Russland angezettelten und direkt von russischen Truppen unterstützten Krieg in der Ostukraine ihr Land mit dem Leben beschützt haben, und dabei soweit bekannt ist, weitaus zurückhaltender aufgetreten sind, als die Aufständischen und Russen, so zu diffamieren. Und damit zudem das Märchen vom Genozid in der Ostukraine, das ja der vorrangige Kriegsgrund Russlands ist, auch noch zu legitimieren. Auch die aktuelle und vormalige ukrainische Regierung war und ist nicht faschistisch, und wenn Putin von der Beseitigung eines faschistischen Systems spricht, wäre es wohl am besten, er würde bei sich selbst anfangen.

Aber wie gesagt, das war nur ein Aspekt aus diesem Text. Des Weiteren wäre da beispielsweise:

„Die Ukraine hatte 8 Jahre lang Zeit, das Minsker Abkommen zu erfüllen, hat es aber nicht getan“

Das Minsker Abkommen wurde von Russland ebenso wenig erfüllt + flächendeckende illegale Verteilung russischer Pässe.

„Der ukrainische Präsident faselt von Atomwaffen.“

Stimmt nicht, er hat in seiner Rede lediglich infrage gestellt, was die Sicherheitsgarantien sowohl Russlands als auch des Westens im Budapester Memorandum eigentlich wert sind, für die die Ukraine ihre Atomwaffen, damals das drittgrößte Arsenal der Welt, freiwillig abgegeben hat und dass man sich mal fragen sollte, was das eigentlich für die internationalen Bemühungen zur atomaren Abrüstung bedeutet, wenn man sich offensichtlich auf Sicherheitsgarantien nicht verlassen kann und eigene Nuklearwaffen scheinbar der einzige verlässliche Schutz sind.

„Der Beschuss der beiden Volksrepubliken hat seit Beginn der vergangenen Woche massiv zugenommen.“ Auch dafür gibt es keinerlei Belege. Was bekannt ist, ist, dass ganz im Gegenteil die ukrainischen Linien zunehmend massiv beschossen wurden, mit etlichen Toten und Verwundeten und die ukrainische Armee vereinzelt mit Drohnen feindliche Artilleriestellungen ausgeschalten hat. Angriffe auf zivile Ziele durch die ukrainische Armee wären zu diesem Zeitpunkt ohnehin vollkommen wahnsinnig gewesen.

„Es ist völlig nachvollziehbar, dass Russland nun versucht nach 8 Jahren dem Krieg endlich ein Ende zu bereiten.“

Ja sicher, ich meine, die Russen hätten den Krieg gar nicht erst anfangen brauchen, dann müssten sie ihn auch nicht beenden. Und einen relativ kleinen lokalen Krieg dadurch zu beenden, dass man einfach einen noch viel größeren Krieg anfängt, ist natürlich auch immer sinnvoll und spricht für sehr friedvolle Absichten …

„Was mich so fassungslos macht, ist, dass hierzulande fast alle auf Linie der Kriegstreiber sind und sich jetzt einbinden lassen für deren Propaganda.“

Was mich so fassungslos macht, ist, wie man ernsthaft so zynisch sein kann, sowas zu schreiben, nachdem keinen halben Tag vorher eine riesige Invasion begonnen hat und man immer noch so auf Linie mit den tatsächlichen Kriegstreibern ist, dass man sich so in deren Propaganda einbinden lässt … aber im Ernst in einer Hinsicht hat er definitiv Unrecht, nicht alle sind auf Linie. Bei der AfD würde er seinen geäußerten Ansichten definitiv eine passende politische Heimat finden.

„Sind die Menschen dumm oder naiv, oder bin ich es vielleicht?“ Ich glaube, am Ende ist er einem Erkenntnisgewinn dann doch noch verdammt nah.

Aber wie auch immer, jetzt bringt es auch nichts mehr über Sichtweisen und Verantwortlichkeiten zu diskutieren, dafür ist es sowieso zu spät und das war es, glaube ich, auch schon seitdem der Truppenaufmarsch begonnen hat. Ich hoffe einfach bloß, dass unsere Gesellschaft, zumindest das demokratische Spektrum, letztlich tatsächlich gemeinsam „auf Linie“ ist und bleibt und Russland zumindest bei dem Vorhaben scheitern lässt, unsere westliche Gesellschaft zu spalten und die Verteidigungsfähigkeit zu untergraben.

Ich: Ich glaube, dass Du ein sehr verklärtes Bild vom Westen und seinen Bündnissen hast. Und noch einmal, ich verabscheue jegliche Gewalt und kriegerische Invasion und damit das, was Putin veranstaltet.

Doch, zurück zu Deinen Ansichten. Allein die Erfolgsbilanz der NATO, die ich seit der Wende erleben musste, zeigt mir, was es bringen wird, wenn die NATO mit ihrem Säbelrasseln weitermacht:

Kuwait-Krieg 1 + 2, Irak-Krieg, Afghanistan-Krieg, Syrien-Krieg.

Hinzu kommt das Versagen der westlichen Demokratie: Terror in Europa, Terror im Nahen Osten, Terror in Nordafrika, Rassismus in der ganzen Welt, Nazis in Deutschland und Europa und den USA.

Dazu noch die mediale Demagogie und westliche Propaganda in den Medien, Volksverblendung und -ablenkung durch Facebook & Co …

Wo ist der Kapitalismus heute: Bildungs- und Gesundheitssystem am Boden, Coronapandemie nicht im Griff, nicht einmal 10 Prozent Impfrate weltweit …

Und jetzt ein Krieg vor der Haustür. Das muss doch den Menschen zu denken geben, dass der übrig gebliebene Kapitalismus keine Lösungen für die dringendsten Fragen der Menschheit anbieten kann.

Zwischendurch auf Facebook:

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(Quelle: https://www.facebook.com/monitor.wdr/photos/a.326683260703954/4993104804061753/)

Er: Kann sein, aber du hängst dafür vielleicht noch ein bisschen zu sehr in den linken Weltvorstellungen aus der Zeit des Kalten Kriegs 😉

An keinem der Golfkriege (wobei man dazu sagen muss, dass Desert Storm das Ziel hatte, die Besetzung Kuwaits durch den Irak zu beenden, was durchaus sehr erfolgreich erreicht wurde) war die NATO unmittelbar beteiligt, das war vor allem unilateral Sache der USA und GB. Der Afghanistan-Krieg war nach den Anschlägen vom 11. September und nachdem die Taliban mehrere Verhandlungsangebote und Ultimaten zur Herausgabe der Verantwortlichen von Al-Qaida haben verstreichen lassen, unumgänglich und richtig (übrigens nicht nur im Interesse des Westens, sondern auch im Interesse Russlands und Chinas), zudem von einem UN-Mandat gedeckt und bezogen auf das unmittelbare Ziel des unschädlich Machens der damaligen Al-Qaida-Führung auch erfolgreich, auch wenn es dann noch eine Zeit lang gedauert hat, bis auch Bin Laden erwischt wurde. Das Engagement in Syrien war, einerseits in Bezug auf die Zerschlagung des IS und andererseits im Hinblick auf die Taten des syrischen Regimes, ebenfalls notwendig, wobei sich der Westen, was letzteren Punkt angeht, auch eher zögerlich verhalten hat. Terrorismus ist kein Problem westlicher Demokratien und auch nicht darauf begründet, sondern ein weltweites Phänomen, unabhängig der politischen Regierungsform. Es gibt Terrorgruppierungen in Russland, in diversen afrikanischen Staaten usw., die Gründe sind zudem historisch zum Teil sehr unterschiedlich. Nazis hast du auch überall und das oft noch wesentlich ausgeprägter als bei uns. Ein mindestens nationalistisches Regime hat gestern die Ukraine überfallen … Und wenn man sich die mediale Berichterstattung in autokratisch regierten Ländern anschaut, der alternativen Regierungsform zur westlichen Demokratie, kann man denen im Westen wohl kaum übermäßige Propaganda vorwerfen. Ich meine, du willst mir hoffentlich nicht erzählen, dass es in Russland, China, seit einigen Jahren in der Türkei usw. mehr Pressefreiheit gäbe als bei uns. Den Kapitalismus kann man kritisieren, andererseits ist es die Wirtschaftsform, die sich weltweit durchgesetzt hat und offensichtlich gibt es zum jetzigen Zeitpunkt keine bessere. Wenn jemand mal eine andere, bessere Form erfindet (und Kommunismus/Sozialismus ist es schon mal definitiv nicht), kann er sie gerne irgendwo ausprobieren und dann schauen wir, wie gut es funktioniert. Aktuell leben wir in Europa, dank der westlichen Demokratie, des Kapitalismus, der NATO und der USA in der friedlichsten, freiesten und wohlhabendsten Gesellschaft, die dieser Kontinent bisher erlebt hat und ich finde dafür sollte man, trotz aller Kritik an einzelnen Aspekten unseres Systems, dankbar und froh sein und es gegen diejenigen verteidigen, die das zerstören wollen. Und dazu gehört leider aktuell vor allem Russland bzw. im speziellen Putin, der in unserer freien und vergleichsweise erfolgreichen Gesellschaft eine viel größere Bedrohung für sich und seine Herrschaft sieht, als in unseren militärischen Fähigkeiten, um mal wieder den Kreis zum ursprünglichen Thema zu schließen.

Ich: Ich hänge sehr an den linken Weltvorstellungen und vor allem den WERTVORSTELLUNGEN von „Nie wieder Krieg“, „Gegen die Wiederbewaffnung der Bundesrepublik“, „Gegen die atomare und konventionelle Aufrüstung“ … Das ist, glaube ich, kein Makel, sondern ein WERTVOLLES Ziel für die Menschheit.

Er: Ja, das sind sicherlich schöne und erstrebenswerte Ziele, nur sie sind halt leider nicht realistisch. Der Krieg in der Ukraine war letztlich nicht mehr zu verhindern, die BRD wird sich wiederbewaffnen müssen in der aktuellen Situation (was Verteidigungsministerin Lambrecht und Finanzminister Lindern jetzt ja auch schon angekündigt haben, der Verteidigungshaushalt wird sehr deutlich ansteigen) und nach dem endgültigen Scheitern des Budapester Memorandums wird es noch schwerer als ohnehin schon, ein Land, das Atomwaffen besitzt oder anstrebt, weil es sich von irgendeinem Nachbarn bedroht fühlt, davon zu überzeugen, diese abzugeben bzw. gar nicht erst zu beschaffen.

Zwischendurch eine Erinnerung aus dem Netz:

St. Petersburger Politiker will Diktatur – Pinochet als Vorbild

St. Petersburg (ND, 31.12.1993). Wladimir Putin, 2. Bürgermeister von St. Petersburg und Vorsitzender des Komitees für Außenbeziehungen der Sechs-Millionen-Stadt, hat vor deutschen Wirtschaftsvertretern deutlich gemacht, dass eine Militärdiktatur nach chilenischem Vorbild die für Russland wünschenswerte Lösung der gegenwärtigen politischen Probleme wäre. Dies berichtet der WDR in dem TV-Feature „Aufbruch nach Osten“ (Montag, 3. Januar 1994, WEST 3 von 21.15 bis 21.45 Uhr). Putin antwortete auf Fragen von Vertretern von BASF, Dresdner Bank, Alcatel u. a., die im ehemaligen Petersburger DDR-Generalkonsulat zusammentrafen.

Dabei unterschied Putin zwischen „notwendiger“ und „krimineller“ Gewalt. Kriminell sei politische Gewalt, wenn sie auf die Beseitigung marktwirtschaftlicher Verhältnisse abziele, „notwendig“, wenn sie private Kapitalinvestitionen befördere oder schütze. Er, Putin, billige angesichts des schwierigen privatwirtschaftlichen Weges eventuelle Vorbereitungen Jelzins und des Militärs zur Herbeiführung einer Diktatur nach Pinochet-Vorbild ausdrücklich. Putins Ausführungen wurden sowohl von den deutschen Firmenvertretern als auch von dem anwesenden stellvertretenden deutschen Generalkonsul mit freundlichem Beifall aufgenommen.

(Quelle: https://www.facebook.com/photo/?fbid=5584787501548468&set=a.124550997572173)

Ich: Bezogen auf Deine Argumentation zu den verlorenen Kriegen der NATO, möchte ich antworten: Die USA haben immer im Einklang mit der NATO gehandelt. Wenn die Kuwait-Kriege erfolgreich verlaufen wären, stellt sich die Frage, warum es dann einen Irak-Krieg geben musste? Der abscheuliche Angriff auf die USA am 11. September rechtfertigte keinen Krieg in Afghanistan (übrigens die vergleichbare Situation mit dem jetzigen Krieg Russlands gegen die Ukraine – natürlich aus der Sicht eines Linken). Das Ergebnis nach 20 Jahren NATO-Krieg in Afghanistan haben wir letztes Jahr gesehen. In 20 Jahren wurde nichts erreicht, was einer Demokratisierung gleichgekommen wäre. Die Taliban und Al-Qaida sind weiterhin oder wieder neben den Clan-Chefs an der Macht. Der IS ist nicht besiegt, sondern treibt zwar versprengt und nicht mehr so einflussreich sein Unwesen in der Region. Und der Terrorismus hat seine Wurzeln in der kapitalistischen Ausbeutung. Das Bestreben von religiös fanatischen Clan-Chefs (egal welcher Konfession) nach gleicher Macht und Einfluss wie die USA und die westliche Welt treibt Menschen in Selbstmordattentate oder zu mörderischen Aktionen gegen die Zivilgesellschaft. Das Streben der Menschheit war und ist immer noch geprägt von der Macht und der Gier nach Reichtum. Und gerade wenn die Armut so groß ist, wie im Nahen und Fernen Osten oder in Afrika ist dort der Hort des Neids auf die westliche Welt, weil auf deren Kosten seit Jahrhunderten leben, so unwahrscheinlich groß. Daraus entstehen Hass und Terror. Das sind auch durch Friedensforschungsinstitute und westliche Thinktanks erforschte Erkenntnisse.

Er: Der zweite Golfkrieg 1990–91 war natürlich erfolgreich, da das militärische Ziel der Befreiung Kuwaits erreicht wurde. Die USA und ihre Verbündeten haben lediglich entschieden, danach eben nicht noch in den Irak einzumarschieren. Der Irakkrieg 2003 war in der Form, speziell was die Begründung angeht, ein Fehler, auch wenn die Entmachtung von Saddam Hussein zu diesem Zeitpunkt längst überfällig war und schon 1991 hätte passieren müssen. Nichtsdestoweniger war die NATO an diesem Krieg nicht beteiligt, diverse NATO-Mitglieder wie etwa Deutschland haben sich sogar explizit dagegen ausgesprochen. Zu Afghanistan sag ich ganz klar, war der Krieg gegen die Taliban aus meiner Sicht absolut gerechtfertigt. Man kann bei knapp 3000 ermordete unschuldige Zivilisten im eigenen Land nicht erwarten, dass das betroffene Land dann einfach Däumchen dreht und darauf wartet, dass die Drahtzieher mit ihren Anschlägen weitermachen. Auch ein Vergleich mit der Ukraine verbietet sich, da die Opfer hier ukrainische Staatsbürger in einem von Russland angezettelten Krieg waren, ein Großteil der Opfer ukrainische Soldaten und Zivilisten, die von den Separatisten und ihren russischen Verbündeten getötet wurden. Dementsprechend hätte, wenn überhaupt, die Ukraine einen Grund gehabt, an Russland Vergeltung zu üben, aber keinesfalls andersherum. Um zu Afghanistan zurückzukommen, eine so lange Besetzung und Demokratisierung war anfangs nicht vorgesehen und es gab auch keine konkreten Pläne dafür, allerdings sah es bis ca. 2008 herum sogar trotzdem relativ gut aus, danach kippte die Situation aber aus mehreren Gründen. Ich hatte dir schon mal einen längeren Text dazu geschrieben, das will ich jetzt nicht noch mal alles wiederholen. Jedenfalls, wenn man ein paar Fehler vermieden hätte, hätte auch die Demokratisierung Afghanistans durchaus ein Erfolg werden können, es war jedenfalls kein Anfang an zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Al-Qaida ist aber heute dennoch so gut wie zerschlagen und der IS besteht in dieser Region beinahe nur noch aus Einzelkämpfern, die zudem mit den Taliban verfeindet sind und sich gegenseitig bekämpfen. Sie sind jedenfalls für unsere Sicherheit fürs Erste bei Weitem keine solche Bedrohung mehr, wie vor dem Einsatz der Anti-IS-Koalition.

Wenn man Terrorismus nur mit Hass und Neid aufgrund von Ungleichheit durch Kapitalismus versucht zu erklären, greift das auch deutlich zu kurz und ist, was den islamischen Terror, als Erklärung vollkommen ungenügend. Osama Bin Laden war ein Saudi aus einer reichen Familie, dem ging es nicht um materiellen Neid, sondern um fundamentalistisch-religiöse prinzipielle Gründe. Ebenso waren die Selbstmordattentäter vom 11. September größtenteils Studenten aus Hamburg, auch da wüsste ich nicht, inwiefern Kapitalismus bei der Motivation eine Rolle gespielt haben soll. Ich weiß, dieser Reflex erst mal alle Probleme dieser Welt grundsätzlich auf den Kapitalismus zu schieben, ist gewissermaßen eine Grundvoraussetzung des linken Weltbildes, nur wirds das der wesentlich komplexeren Realität meistens einfach nicht gerecht.

Mein Fazit zur Diskussion:

  1. Wir können uns über die Wege, wie wir ein Ziel erreichen möchten, streiten, wenn das Ziel der Frieden ist.
  2. Wir beide lehnen die kriegerische Invasion Russlands als Staat gegen die ukrainische Bevölkerung ab.
  3. Wir sind in der Diskussion sehr unterschiedlicher Auffassungen zu den Ursachen von Krieg und Terrorismus.
  4. Ich sehe nicht, dass der Kapitalismus und seine Bündnisse, in der Lage ist, die Probleme der Menschheit – Frieden, Völkerverständigung, Umwelt- und Naturschutz, Klima, Bildung, Gesundheit, Ernährung … – zu lösen. Im Gegenteil: Der Kapitalismus verschärft die Probleme. (https://www.oxfam.de/presse/pressemitteilungen/2022-01-17-reichsten-verdoppeln-vermoegen-waehrend-160-millionen)
  5. Weder hat Putin angesichts eines 8 Jahre währenden Krieges in der Ostukraine mit über 14.000 Todesopfern auf ziviler und militärischer Seite das Recht auf diesen Krieg. Und auch die USA hatten unter Bush kein Recht, Afghanistan anzugreifen, weil am 11. September 2001 über 3.000 unschuldige zivile Opfer durch die Terroranschläge zu beklagen waren. In dem Ergebnis des Krieges und der folgenden Besatzung durch NATO-Staaten mit Legitimation durch die UNO „summiert sich […] die Zahl aller von Oktober 2001 bis April 2021 im Krieg getöteten Afghanen und Afghaninnen auf ca. 165.000, davon werden 47.000 als zivil eingestuft“. (Quelle: https://www.ippnw.de/startseite/artikel/de/opferzahlen-der-kriege-nach-nine-el.html#:~:text=In%20Afghanistan%20summiert%20sich%2C%20ihrer%20aktuellsten%20Studie%20zufolge%2C,der%20Opfer%20in%20Pakistan%20sch%C3%A4tzen%20sie%20auf%2067.000.)

Weitere Links:

https://www.deutschlandfunk.de/interview-mit-dietmar-bartsch-linke-fraktionsvorsitzender-zur-ukrainekrise-dlf-22e573a0-100.htm

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