Denkanstoß des Tages – Demo für Impflicht (Gastbeitrag von Katja Kühn)*

Demonstration für die Impfpflicht vor dem Neuen Augusteum in Leipzig am 27.11.2021. Foto: Katja Kühn
Demonstration für die Impfpflicht vor dem Neuen Augusteum in Leipzig am 27.11.2021. Foto: Katja Kühn

Redebeitrag am 27. November 2021 auf der Demo vor dem Neuen Augustinus in Leipzig für die Impfpflicht von Katja Kühn:

„Ich bin Krankenschwester und Fachkrankenschwester für Anästhesie und Intensivtherapie.

1983 habe ich meine Qualifikation abgeschlossen.

Im selben Jahr geschah im damaligen Tagebau ein schwerer Busunfall. Ein mit Arbeitern voll besetzter Bus war abgestützt, 30 Schwer- und Schwerstverletzte wurden in unsere Klinik eingeliefert. Innerhalb von 90 Minuten.

Ich habe diesen Tag nicht vergessen.

Menschen starben, die unter normalen Umständen, also, wenn sie als einzelne Person in die Klinik gekommen wäre, wahrscheinlich überlebt hätten.

Ich arbeite schon lange nicht mehr als Krankenschwester. Aber in diesen Zeiten muss ich oft an meine Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken denken.

Damals, 1983, das war ein Tag. Ein Katastrophentag.

Heute geht es nicht um einen Tag. Es geht um Katastrophen-Wochen, vielleicht Monate.

Niemand weiß, wann die Infektionszahlen sinken. Wie lange täglich viel zu viele schwerstkranke Menschen in der Notaufnahme ankommen.

Wie lange noch Ärzte darüber entscheiden müssen, welcher Patient die besseren Überlebenschancen hat.

Wie lange noch Rettungsdienste Angehörige überzeugen müssen, dass es besser ist, den schwer erkrankten COVID Patienten nicht mehr in ein weit entferntes Krankenhaus zu fahren, weil dort ohnehin kein Bett auf der ITS mehr frei ist.

Wie lange WERDEN die Pflegekräfte noch durchhalten können, die Ärzt:innen, die Laborprofis und alle anderen Menschen, die an der Versorgung Kranker beteiligt sind.

Niemand weiß das. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Sie alle arbeiten am Limit, sie haben keine Kraft, nach der Arbeit eine DEMO zu organisieren.

Deshalb stehe ich hier.

Wir haben uns sehenden Auges in diese Katastrophe gelebt.

Sie wäre vermeidbar gewesen, wenn mehr Menschen geimpft wären.

Diese Woche sind mir zwei Meldungen aufgefallen. Die Erste war: Sachsen verlegt 20 Covid-Patienten in andere Bundesländer.

Und: Die geschäftsführende Verteidigungsministerin hat eine Impfpflicht für die Bundeswehr erlassen. Im Klartext: Die Impfkampagne ist sogar in der Bundeswehr gescheitert.

Anbieten, Reden, Argumentieren, Locken: Alles hat nicht gereicht, einen Teil der Soldaten und Soldatinnen von der Notwendigkeit einer Impfung zu überzeugen.

Die Politik hat viel zu lange von Impfangebot gesprochen. Das klingt so freiheitlich.

Und betont, dass Impfen eine individuelle Entscheidung sei.

Das ist falsch. Wir alle sind davon betroffen, wenn zu viele Menschen sich nicht impfen.

Weil wir alle sind davon betroffen, wenn die Klinken und Arztpraxen monatelang auf Schwerlast fahren.

Wir alle sind davon betroffen, wenn Freizeit- und Kulturmöglichkeiten eingeschränkt werden müssen.

Wir alle sind davon betroffen, wenn es wieder einen Lockdown geben wird.

Ich werde diesen Lockdown aus vollster Überzeugung mittragen, er wird kommen, noch vor Weihnachten.

Aber ich fordere gleichzeitig die Einführung einer gesetzlichen Impfpflicht für alle.

Sachsen könnte als weltweiter Inzidenz-Spitzenreiter vorangehen. Prof. Mayer, Verfassungsrechtler aus Bielefeld, hat das geschrieben.

Herr Kretschmer, wenn unsere beiden Regierungen es nicht zustande bringen: Gehen Sie voran.

Deshalb: Lockdown nicht ohne Impfpflicht Jens Spahn hat diese Woche erklärt, eine Impfpflicht wäre nicht geeignet, diese Welle zu brechen.

Aber sie kann – für-mich-für-dich-für-alle – ein Licht am Ende des Tunnels sein.

Wenn Sie sich heute impfen, sind sie Weihnachten geschützt.“

Starke Worte und so authentisch. Danke für die Demo heute (27.11.2021).

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