
Es wird immer spannender um Jebsen, Hildmann und Co. Wenn diese Personen weiterhin so viele Menschen um sich scharren und dabei rufen, dass es ihnen egal ist, ob Impfgegner, Rechts- oder Linksextremisten (gleichwohl sich niemand Links nennen darf, der Extremist ist, wir leben nicht mehr um 1917 in den Tagen der Oktoberrevolution oder in der Zeit des Faschismus – obwohl, damit werden doch von Jebsen, Hildmann und Co die Corona Maßnahmen verglichen – egal, weiter im Text), Antisemiten, Reichsbürger, rechte „Ökofanatiker“ (Quelle: https://taz.de/Treffen-von-Rechtsextremen/!5687404/) … dann braut sich eine ganz gefährliche Suppe zusammen, aufgekocht mit allerlei krudem Gedankengut eines Ken Jebsen, eines Attila Hildmann, eines Stefan Brandner, Björn Höcke, Ralf Ludwig, Victoria Hamm … Sie alle gehen von verschiedenen Seiten auf die verunsicherte Bevölkerung zu und beeinflussen sie mit einem Mix aus Fakten und sich daraus erfundenen Schlussfolgerungen. So mischen sich nicht nur die Tatsachen mit leiden Verschwörungstheorien und Demokratiehass, sondern auch die „besorgten“ Mitläufer mit Feinden des Grundgesetzes. Eine gefährliche Zusammensetzung, die die Suppe zum Überlaufen bringen kann. (siehe z. B.: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1136598.proteste-gegen-corona-massnahmen-haltet-abstand-zu-den-schwurbeldemos.html?pk_campaign=SocialMedia&fbclid=IwAR37hDpkG0Inuk2-J3yzwMq8zBsTqMGee-MtqFn_CzrSMxtJ3__2CfAkrUs oder auch https://www.deutschlandfunk.de/rechtsextreme-und-hygienedemos-entwicklung-auf-politischer.868.de.html?dram:article_id=477182&fbclid=IwAR1p0WDY8svzXfj43fMg0F-RCSNs_HOA0KvBDVowdwH8lHa3WqqNyt76BUs)
Das macht mir mehr Angst als das Virus. Es kommt dazu, dass die Polizei auch schon vorher überlastet und rechts unterwandert war, sich nun einer kleinen, aber durch die Medien hochgepowerten Gruppe gegenübersieht, der sie aufgrund der Abstandsregeln schwer habhaft werden kann. Jegliche Versuche der Eindämmung des Grundrechts auf freie Meinungsäußerung und des Demonstrationsrechts – beides hohe Güter, die es wert sind in jeder Lebenslage zu verteidigen – spielen den neuen Heilsbringern in die Hände. Also Finger weg von der mit brodelndem Hass erfüllten Suppe?
Das gilt für alle Mitläufer auf diesen sogenannten „Hygienedemos“. Wer nicht als Rattenschwanz rechter Heilsjäger identifiziert werden möchte, denn es sind nicht alle „besorgten“ Bürgerinnen und Bürger auch von rechtem Gedankengut infiziert, der muss sich von den Undemokraten offen distanzieren.
„Die Proteste sind ja sehr unterschiedlich. Da muss man differenzieren und darf nicht pauschal alle Demonstranten in die Nazi-Ecke stellen oder als Verschwörungstheoretiker beschimpfen. Denn leider gibt es allen Grund, unzufrieden zu sein mit dem Krisenmanagement der Bundesregierung“, sagt Sarah Wagenknecht in einem Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Macht macht blind
Doch, vergessen sind die Bilder von Bergamo und New York. Das kann ich immer nur wiederholen. Wir hatten das Glück, bisher mit einem blauen Auge und bisher nur knapp acht Tausend im Zuge der Corona-Epidemie Verstorbenen davon gekommen zu sein. Was braucht es noch für die Menschen, um den Leugnern der Pandemie, den Hetzern gegen die strikten an unser aller Nerven zerrenden Beschränkungen, den Aufwieglern gegen die nicht leichtzunehmende fragile Demokratie, den Köchen von Verschwörungserzählungen (ein schönes Wort für diejenigen, die uns erzählen wollen, wo der Hase den Igel getroffen hat), den Antisemiten und Faschisten … nicht mehr in die Fänge zu gehen?
Hoffnung! Eine echte, erfüllbar scheinende und realistisch umsetzbare Vision von einer Gesellschaft ohne Neid und Gier. Doch, da diese Vision vor über 30 Jahren endgültig aufgrund der Fehler und Verbrechen abgewählt wurde, schwindet die Hoffnung. Denn aktuell übernehmen eben jene das Megafon, die die schlechtesten Zutaten für eine neue Gesellschaft dabeihaben. Sie reihen sich in ihrem Geltungsdrang ein in die Reihe derjenigen ein, die schon seit Jahren versuchen, von der Hinterbank aus Stimmung für das eigene Ego zu machen.
Da hüpften als erstes die Herren Söder und Laschelt hinter ihren Öfen hervor. Bislang bemüht, ihr ländliches Süppchen zu kochen, entfacht zwischen ihnen ein Wettbewerb. Erst, wer verschärft am schärfsten und dann, wer lockert am lockersten. Alles zu Zeiten, wo sich die Menschen in Deutschland in der scheinbaren Mehrheit so und so nicht mehr an die Beschränkungen hielten, ja gar im Zweifel waren, was es brächte, denn man sei ja gar nicht betroffen und kenne auch keinen, der erkrankt sei. In dieser wackligen gesellschaftlichen Gemengelage kippen die beiden Herren im Machtkampf um eine künftige Kanzlerkandidatur mächtig viel Salz in die Suppe der Verschwörungsmärchenerzähler. Dann noch eine kleine Prise Uneinigkeit mit der auf Wissenschaft hörige Bundeskanzlerin und ihren wirklich kompetenten Virologenberatern und schon ist ein Gebräu angesetzt, das übel aussieht, übel riecht und noch vor dem Kosten einen Brechreiz erzeugt.
Ans Gewissen appellieren
Und just in dem Moment, wo sich die Suppenköchen einig über ihren teuflischen Sud sind, springt ein linker Ministerpräsident aus dem Thüringer Wald hervor und verkündet laut allgemeiner Medienberichterstattung das Ende aller Beschränkungen. Doch wer richtig auf der Seite des MP Bodo Ramelow liest (https://www.bodo-ramelow.de/aktuell/article/2020/05/23/verantwortungsbewusste-solidaritaet/?fbclid=IwAR31iEzx1tYCH15lJ9M_6-f5ywu9BZ1jV_uWU1Hyc3vYAc8BpwoZRmB7MBk) – und nicht nur in antikommunistischer Manier – die Schlagzeilen bringen Kernsätze versucht herauszufischen, der wird den klugen Schachzug hinter diesen Ideen des linken Politikers erkennen. Er wirft den Söders, Laschelts, Jebsens, Hildmanns, Brandnern, Höckes, Ludwigs und Hamm sowie deren verzweifelten Gefolgschaft den Küchenlöffel zurück und dreht ihnen den Kochherd ab. Er will den von oben verordnetem Lockdown ähnlich wie in Schweden zur Gewissensentscheidung der Bürgerinnen und Bürger machen:
„Das Motto soll lauten: ‚Von Ver- zu Geboten, von staatlichem Zwang hin zu selbstverantwortetem Maßhalten.‘ Im Kern wird es darum gehen, dass bereits vor dem Erreichen des Grenzwertes von 35 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner im Gesundheitsministerium ein Alarmsystem ausgelöst wird und sofort Unterstützungsmaßnahmen für betroffene Städte und Kommunen veranlasst werden, um neue Infektionsherde einzudämmen und eine optimale medizinische Versorgung zu gewährleisten. Dafür sind wir gerüstet. Klar muss dann freilich auch sein, dass in akuten lokalen Infektionszonen Zwangsmaßnahmen schneller und deutlicher ergriffen werden müssen, um ein überregionales Ausgreifen neuer Infektionen zu verhüten.“ (ebenda)
Das aber, lieben Damen und Herren Kollegen von Presse, Funk und Fernsehen sowie von den sozialen Kanälen, wurde wahrscheinlich beim oberflächlichen Überfliegen der Agenturmeldungen sicherlich auf der Seite des Linken-Politikers Ramelow überlesen. Und für alle, die nicht weiter als die 50-Zeichen-Überschriften lesen wollen oder können, gibt es über den MDR Thüringen einen erklärenden Zuschlag im leichter verständlichen Videoformat: https://www.mdr.de/thueringen/ramelow-corona-thueringen-lockerungen-video-102.html oder https://www.zdf.de/nachrichten/zdf-mittagsmagazin/thueringen-ministerpraesident-ramelow-corona-regeln-aufheben-100.html?fbclid=IwAR3oJkS7krAjIv5nVBSFxPidU20Vn18MirBNxa2bYIt1CShDCmWHOatv9q4
Update zu den Vorwürfen gegen den Ministerpräsidenten Thüringens, Bodo Ramelow. Ein Erklärungim aktuellen Spiegel-Interview, die nicht notwendig gewesen wäre, wenn man die vorhergehenden Äußerungen des Linken-Politikers richtig gelesen und verstanden hätte: https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bodo-ramelow-ueber-corona-massnahmen-der-krisenmodus-ist-ueberholt-a-65eb7c4d-3532-401e-8e53-bb32c776a387?fbclid=IwAR0noFZRMOSOWu0vR5F8FZ_nxQMG-VcM5hRDKmmXKrK6-xH6v2ljR9F3Ezk
Ich bin jedoch sehr im Zweifel, ob das „selbstverantwortete Maßhalten“ überhaupt möglich ist. Schließlich brüllen doch vielerorts einige Fanatiker nach der Öffnung von Bundesligastadien, die Lufthansa hat nach der staatlichen Pleiterettung als erstes Ziel Mallorca auserkoren, am „Herrentag“ prügeln sich Nazis durchs Elbsandsteingebirge, an den Badeseen konnte man das Gewissen der nicht nur männlichen Partygesellschaft in Form von tonnenweisem Müll auflesen und in Berlin, Stuttgart und Pirna treffen sich die Aluhüte zu ihren allwöchentlichen Kampfdemos gegen die Corona-Beschränkungen mit aufgenähten Nazisymbolen (gemeint ist die Klassifizierung der jüdischen Bevölkerung in der Zeit der faschistischen Schreckensherrschaft) oder den neuen Infektionszahlen nach einem Baptisten-Gottesdienst in Frankfurt am Main vor zwei Wochen oder dem Kneipenwahn der ostfriesischen Hautevolee in Leer am 15. Mai …
Mein fünftes Fazit
Viele Köche verderben den Brei oder hier die Suppe, die man sich eingebrockt hat und nun auch auslöffeln muss. Der Beginn der individuellen Lockerungsmaßnahmen im Wettstreit um die Kanzlerkandidatur für wie 2015 im Richtungsstreit um die Flüchtlingspolitik zur Verunsicherung der Bevölkerung. Die entstandenen Haltungslücken wurden schnell vom konservativ-rechten und rechtsextremen Spektrum gefüllt und führten zum Einzug einer mit Faschisten untersetzten Partei in alle Landesparlamente und den Bundestag. Die Bürgerinnen und Bürger vermissen einen Leitfaden für ihr Handeln, weil sie sich eben nicht für ein „selbstverantwortetes Maßhalten“ entscheiden möchten. Schließlich haben sie ihr gesellschaftliches Gewissen mit ihrem Stimmzettel in die Wahlurne gelegt. Aber genau diese Selbstverantwortung, der Gedanke an Solidarität mit allen Menschen nicht nur dem Nächsten sind es, die eine Demokratie am Leben erhält. In Bezug auf die Covid-19-Pandemie konnte es die 48-jährige spanische Familienärztin Elena angesichts der Lockerungen in Spanien nicht besser ausdrücken:
„Die Leute sind verrückt und jetzt sind sie noch verrückter geworden. Ich glaube uns fehlt es an gesundem Menschenverstand, sonst müssten hier keine Verhaltensregeln diktiert werden. Die Chinesen sind sehr diszipliniert. Die gehorchen, wenn ihnen etwas befohlen wird. Hier geht das nicht. Wir müssten den Leuten sagen: ‚Bleibt zu Hause. Versteht aber auch, warum ihr das macht.‘ Aber hier wird weder gehorcht noch verstanden.“
(Quelle: https://www.deutschlandfunk.de/spanien-im-alarmzustand-die-narben-der-coronakrise.922.de.html?dram:article_id=476750; ca. ab Minute 40)