
Am 15. Juni 2025, zum 250-jährigen Bestehen der US-Streitkräfte, rollten Panzer durch Washington, Kampfjets donnerten über die National Mall, und Tausende Soldaten marschierten im Gleichschritt – ein Spektakel, das man eher in Moskau, Pjöngjang oder früher in Tripolis vermutet hätte. Was als patriotische Geste gefeiert wurde, wirft bei nüchterner Betrachtung jedoch gravierende Fragen auf.
Denn eine solche Militärparade entspricht keineswegs der politischen oder kulturellen Tradition der Vereinigten Staaten. Die USA waren bislang stolz darauf, ihre Stärke nicht durch auftrumpfende Aufmärsche zu zeigen, sondern durch zivile Institutionen, demokratische Prozesse und wirtschaftliche Innovationskraft. Die letzte vergleichbare Parade liegt über 30 Jahre zurück: 1991 – nach dem Sieg im Golfkrieg. Schon damals wurde über ihre Notwendigkeit gestritten.
Doch 2025 scheint alles anders. Die Botschaft der Parade: „Seht her, wir sind stark.“ Doch ist das wirklich notwendig? Und vor allem: Ist es glaubwürdig?
Gerade angesichts der jüngeren Militärgeschichte der USA drängt sich ein anderes Bild auf. Der Vietnamkrieg (1955–1975) endete in einem Fiasko. Die gescheiterte Geiselbefreiung im Iran (1980) wurde zum Symbol für operative Hilflosigkeit. Die Invasion des Irak 2003 und der Afghanistan-Krieg von 2001 bis 2021 haben nicht nur Billionen verschlungen, sondern auch zur Destabilisierung ganzer Regionen beigetragen – ohne nachhaltigen sicherheitspolitischen Erfolg. Die Welt erinnert sich, auch wenn patriotische Kulissen dies gerne übertünchen.
Vor diesem Hintergrund wirkt die Parade weniger wie ein Akt der Stärke, sondern wie eine Machtdemonstration aus der Defensive heraus – ein Zeichen innerer Unsicherheit. Sie erinnert an jene autoritären Systeme, die ihren Führern zu Geburtstagen gerne Panzer schenken: Zufällig fiel das Spektakel auf den 79. Geburtstag von Donald Trump. Dass dieser einst von Kim Jong-un „bewundert“ wurde, ist dokumentiert. Dass er Wladimir Putin, Xi Jinping und sogar Gaddafi öffentlich lobte, ebenso.
Trump nutzte das Jubiläum, um sich als künftiger „Commander-in-Chief“ in Szene zu setzen – nicht als Reformer, sondern als General. Es war ein politischer Showakt, keine militärische Gedenkfeier. Die USA drohen, in eine gefährliche Richtung abzudriften: vom demokratischen Vorbild zur selbstinszenierten Ordnungsmacht mit imperialem Habitus.
Zudem sendet diese Parade ein verheerendes Signal an die internationale Gemeinschaft. Während in der Ukraine, im Sudan, in Eritrea, zwischen Indien und Pakistan sowie aktuell zwischen Israel, Iran und der Hamas/Hisbollah bewaffnete Konflikte toben, setzen die Vereinigten Staaten auf martialische Selbstdarstellung. In einer Zeit, in der globale Diplomatie, Abrüstung und internationale Zusammenarbeit dringender denn je wären, kommt diese Parade einer Provokation gleich – und zwar für Freund wie Feind.
Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der Finanzierung. Die Parade verschlang laut unabhängigen Berechnungen bis zu 45 Millionen Dollar – in einem Land mit über 36 Billionen Dollar Staatsverschuldung, das unter sozialen Verwerfungen, mangelnder Gesundheitsversorgung und einem maroden Bildungssystem leidet. Das militärische Selbstbild verschlingt längst die zivile Zukunft.
Diese Parade war kein Fest der Demokratie, sondern ein Rückfall in archaische Denkmuster: Macht durch Muskelspiel. Der 250. Geburtstag der US-Streitkräfte hätte genutzt werden können, um die Rolle der Armee im Dienst der Demokratie, der Menschenrechte und der internationalen Verantwortung zu reflektieren. Stattdessen wurde demonstriert, dass Stärke im Zweifel immer noch über allem steht – ein gefährlicher Irrweg in einer ohnehin aus den Fugen geratenen Weltordnung.
Hinweis auf die Nutzung von KI
Für die Analyse von Dokumenten und für die Recherche der entsprechenden Literatur wurde künstliche Intelligenz genutzt (ChatGPT).